Der Anfang vom Ende des deutschen Judentums

1933

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Dienstag,
25. April 1933

»Schutzbrief« des SA-Truppführers Wagner für Heinrich Katz

10.000 Reichsmark waren die Gegenleistung, die der Darmstädter Kaufmann Heinrich Katz (1902–1969) für diesen Zettel an die örtliche SA bezahlte. Er erhoffte sich davon, sein Schuhgeschäft in der Kirchstraße 10 vor weiteren Boykott-Aktionen und etwaigen Sachbeschädigungen schützen zu können. Ob sich diese Hoffnung erfüllte und das Geschäft am Nachmittag des 25. April tatsächlich vor weiteren »Aktionen« verschont blieb, ist unbekannt.

Der »Schutzbrief«, der aus dem schlichten Satz »Ab heute 12 Uhr sind jede Aktionen zu unterlassen« bestand, wurde auf die Rückseite eines Bestellscheins für die NS-Zeitung »Hessenhammer« geschrieben und vom Truppführer des SA-Sturmbanns III/115 Wagner unterzeichnet und gestempelt. Die Dienststelle dieser Einheit befand sich im Nachbarhaus des Geschäfts, das Heinrich Katz 1932 von seinem Schwiegervater Israel Rubin übernommen hatte.

Als sich der Umsatz 1934 halbierte, sah sich Katz bald zur Aufgabe seines Geschäfts gezwungen. Gemeinsam mit seiner Frau emigrierte er im August 1935 in das britische Mandatsgebiet Palästina. Dort arbeitete er zunächst als Angestellter in der Schuhbranche, bevor er 1948 sein eigenes Geschäft in Tel Aviv eröffnete.

In den 1950er Jahren erwähnte er die Geldzahlung an die SA gegenüber seinem Anwalt, der ihn in einem Entschädigungsverfahren vertrat. Vermutlich aus Sorge, dass die bundesdeutschen Behörden ihm nicht glauben würden, bat er seinen Anwalt jedoch, »diesen Vorfall nicht zu erwähnen«.

Jörg Waßmer

Kategorie(n): Boykott | Kaufleute
»Schutzbrief« des SA-Truppführers Wagner für Heinrich Katz, Darmstadt, 25. April 1933
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