Veröffentlicht von am 31. August 2014 0 Kommentare

»Der kühnen Bahn nun folgen wir, die uns geführt Lasalle!«

Dunkelroter Buchdeckel mit goldfarbenen Titel in Frakturschrift

»Enthüllungen über das tragische Lebensende Lassalles« von Bernhard Becker © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Leonore Maier.

Heute vor genau 150 Jahren, am 31. August 1864, starb Ferdinand Lassalle an den Folgen der Verletzungen, die er sich in einem Duell zugezogen hatte. Der deutsche Politiker und Publizist war einer der Gründer der ersten Arbeiterorganisation auf deutschem Boden, des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins, der im Jahr zuvor entstanden war und heute als die »Wiege der Sozialdemokratie« gilt. In der Ausstellung »150 Jahre Sozialdemokratie«, die das Moskauer Staatsarchiv vor einem Jahr präsentierte, wurden auch die Duell-Pistolen von Ferdinand Lassalle gezeigt. Der Politiker und charismatische Agitator für die Sache der organisierten Arbeiterschaft war erst 39 Jahre alt, als er Wilhelm von Dönniges zum Duell forderte, weil dieser ihm die Hand seiner Tochter verweigert hatte.

Nach seinem plötzlichen Tod entwickelte sich ein regelrechter Personenkult um Lassalle. Er manifestierte sich in Gedichten, Liedern und Ritualen, die während der weit verbreiteten Lassalle-Erinnerungsfeiern vorgetragen und durchgeführt wurden sowie in zahlreichen Memorabilia, die unter seinen Anhängern kursierten. Das erste Buch mit »Enthüllungen über das tragische Lebensende Lassalles« erschien 1868, der Autor war ein enger politischer Weggefährte Lassalles.

In der Dauerausstellung des Jüdischen Museums Berlin wird die Bedeutung von Lassalle für die Deutsche Arbeiterbewegung an der Seite von Karl Marx gewürdigt.

Highlights der Präsentation sind zwei Porträtbüsten mit Spieluhr. Bei einer Führung anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des Museums stellte Gregor Gysi diese Büsten als seine Lieblingsobjekte vor.

Büsten gleich denen von Karl Marx und Ferdinand Lasalle wurden vermutlich in Privaträumen oder in Vereinslokalen und Gewerkschaftshäusern aufgestellt. Die Exemplare im Jüdischen Museum bestehen aus Industrie- bzw. Pressglas, und erstrahlen nicht in revolutionärem Rot – seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Symbolfarbe der Arbeiterbewegung – sondern in zartem Rosa. Dies hat mit dem Herstellungsprozess zu tun: Pressglas konnte zu raisonablen Preisen nur in helleren Farben produziert werden. Das Material deutet auf eine hohe Auflage und größere Verbreitung der Büsten hin. Uns ist allerdings nicht bekannt, ob weitere Exemplare der beiden Büsten existieren, wer der Hersteller war und wo sie gefertigt wurden.

Die Frontseite des Sockels, der zur Büste von Lassalle gehört, ziert eine Wappenform mit einem Hammer und zwei verschlungenen Händen, dem Verbrüderungssymbol des von ihm gegründeten Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins. Im Inneren des Sockels befindet sich eine Spieluhr, die die Melodie der »Marseillaise« spielt.

Porträtbüste Ferdinand Lassalle (1825-1864) mit Spieluhr, ca. 1883-1900 © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe

Porträtbüste Ferdinand Lassalle (1825-1864) mit Spieluhr, ca. 1883-1900 © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe

Jacob Audorf hatte unmittelbar nach dem Tod Lassalles die populäre und weit verbreitete »Arbeiter-Marseillaise« mit fünf Strophen geschaffen, in deren letzter Zeile Lassalle als Wegbereiter genannt wird: »Der kühnen Bahn nun folgen wir, die uns geführt Lasalle!«. In der Weimarer Republik wurde das Lied, das die Sozialdemokraten u.a. am Ende ihrer Parteitage sangen, schließlich von der Internationalen abgelöst.

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