Weder König David noch Cilly Kugelmann können das Problem lösen

Über die Schwierigkeit der Ausstellungsmacher*innen von »Welcome to Jerusalem«, dem Ideal der Gerechtigkeit gerecht zu werden

Auf dem Farbfoto ist die Fassade des Jüdischen Musuems Berlin mit dem einem Verkehrsschild nachempfundenen Schild mit der Aufschrift Welcome to Jerusalem in den Spachen Englisch, Arabisch und Hebräisch zu sehen.

Das viel diskutierte Schild an der Museumsfassade; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jule Roehr

In der islamischen Tradition bzw. im Koran selbst wird die biblische Geschichte von David und Urija in einer von der Bibel abweichenden metaphorischen Form erzählt (Koran: Sure 38/21-25): Zwei Brüder kommen zu König David und fordern ihn auf, einen Streit zwischen ihnen zu entscheiden. Einer von beiden skizziert den Sachverhalt. Er erzählt David, dass sein Bruder 99 weibliche Schafe besitze, er selbst jedoch nur eines. Nun habe ihn sein Bruder unter Druck gesetzt, ihm dieses einzige weibliche Schaf auch noch zu überlassen. Unmittelbar nach dieser knappen Schilderung verkündet David sein Urteil: Mit seinem Wunsch, das eine Schaf den 99 hinzufügen zu wollen, habe der eine Bruder dem anderen Unrecht getan. Der Richterspruch könnte der Erzählung ein Ende setzen, würde David nicht schlagartig von der Erkenntnis getroffen, dass sein Urteil ungerecht war. Er bereut seine Entscheidung zutiefst.  Zahllose muslimische Korankommentatoren diskutierten über die plötzliche Wendung in der Erzählung. Eine Erklärung für die Bewertung des Urteils als ungerecht trotz des sich so eindeutig darstellenden Sachverhalts lautet, dass David sein Urteil gefällt habe, nachdem er nur einer Seite zugehört habe. Die Moral der Geschichte ist gemäß dieser Interpretation, dass man in Konflikten oder Streitfällen die Perspektiven und Argumente beider Seiten in seinem Handeln berücksichtigen muss.  weiterlesen