Finger statt Geld?

News aus dem Kinderferienprogramm im Jüdischen Museum Berlin

Ein knappes Dutzend Kinder sitzen und liegen im Kreis mit einer Erwachsenen. In der Mitte liegt ein Poster, auf dem u.a. »Familie« steht

Fragen zur neuen Welt: »Werde ich eine Familie haben?«; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jule Roehr

»Wir sollten mit unseren zehn Fingern zahlen können. So hätten alle gleich viel.« Marie* (8) vertritt ihre Idee von einer besseren Welt mit Leidenschaft: »Das wäre gerecht!«. Luca (10) überzeugt das trotzdem nicht: »Wie soll ich mit meinen Fingern Brot kaufen?«.

Im Sommerferienprogramm 2018 im Jüdischen Museum Berlin geht es um die Frage ›Wie kann eine neue und bessere Welt aussehen?‹. Ausgangslage ist die Geschichte der Arche Noah, ein Sinnbild des Neuanfangs.

Zwei Mädchen, die rechte hält eine Zeichnung eines mit »Schweinefischili« beschrifteten Wesens hoch

Tiere in der neuen Welt: »Schweinefischili«; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jule Roehr

Kinderphilosophin Franziska Khan vom Verein Die kleinen Denker schlägt vor: »Wollen wir abstimmen, was in einer besseren Welt am wichtigsten ist?« – »Oh ja«, rufen die Kinder und werfen ihre Arme hoch. »Familie, Freunde, Tiere« – genau in dieser Reihenfolge!
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Wie wär’s mit etwas mehr Ambiguitätstoleranz?

Ein Interview mit Mohamed Ibrahim und Shemi Shabat über die Tandem-Führung Jerusalem im Dialog

Seit April 2018 bieten wir unter dem Titel Jerusalem im Dialog Tandem-Führungen (mehr zur Tandem-Führung) durch unsere aktuelle Wechselausstellung Welcome to Jerusalem an (mehr zur Ausstellung). Jeweils zwei Guides mit persönlicher Beziehung zu Jerusalem sprechen dabei aus unterschiedlicher Perspektive über die Stadt und die Ausstellung, die noch bis 30. April 2019 zu sehen ist.

Das Format Tandem-Führung entstand im Rahmen einer Weiterbildung zum/r Museumsguide, die wir in Kooperation mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) durchführten (mehr zur Weiterbildung), und die vom Deutsch-Palästinenser Mohamed Ibrahim und dem Israeli Shemi Shabat mitkonzipiert und begleitet wurde.

Porträtfoto von zwei Männern in Frontalansicht. Sie lächeln und tragen Anzüge, aber keine Krawatten.

Mohamed Ibrahim und Shemi Shabat bei der Flechtheim-Preisverleihung des Humanistischen Verbands Deutschland und der Humanismus Stiftung; Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg KdöR

 

Andy Simanowitz sprach mit den beiden Trainern über die Weiterbildung, das Konzept Tandem-Führung und ihre Beziehung zu Jerusalem.

Andy Simanowitz: Könnt ihr euch und eure Arbeit zunächst bitte kurz vorstellen?

Shemi Shabat: Ich bin Shemi, ich bin in Tel Aviv geboren und aufgewachsen und vor 11 Jahren nach Berlin gekommen. Damals fragte mich ein Kollege, ob ich mir vorstellen könnte, zusammen mit einem Palästinenser Workshops zum Nahost-Konflikt Palästina/Israel zu entwickeln: Mittlerweile machen wir das seit 10 Jahren und gehen zusammen als Deutsch-Palästinenser und Israeli in Schulen, um mit Schüler*innen über das Thema Nahost-Konflikt zu sprechen. Inzwischen ist das sogar mein zweites Standbein, außerdem bin ich noch als Berater im Antidiskriminierungsnetzwerk des Türkischen Bunds Berlin/Brandenburg tätig.

Mohammed Ibrahim: Ich bin Mohamed, Deutsch-Palästinenser, lebe seit über 40 Jahren in Berlin, komme aus einem Flüchtlingslager im Libanon und bin in West-Berlin groß geworden. Ich habe hier Politik mit dem Schwerpunkt Internationale Beziehungen studiert, mein regionaler Schwerpunkt war die MENA Region und der Nahost-Konflikt. Hauptberuflich bin ich in der Entwicklungszusammenarbeit bei einer Durchführungsorganisation der Bundesregierung tätig. Die Trainertätigkeit mit Shemi führe ich, wie er schon sagte, seit über 10 Jahren durch.

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Veröffentlicht von am 28. Juli 2018 2 Kommentare

»Alles um Liebe«

Sexuelle Vielfalt in der Sammlung des Jüdischen Museums

Am 28. Juli findet zum 40. Mal der Christopher Street Day auf Berlins Straßen statt. Wie jedes Jahr wird es bei der Demonstration um die Rechte von Schwulen und Lesben, Bisexuellen und Transgendern gehen, diesmal unter dem Motto Mein Körper – meine Identität – mein Leben! (zu den diesjährigen Forderungen des CSD). Und wie immer geht es auch darum, sexuelle Vielfalt öffentlich zu leben und zu feiern.

In der Sammlung des Jüdischen Museums sind Menschen, die sich heutzutage möglicherweise als LGBTI* identifizieren würden, leider wenig sichtbar. Im Schlagwortkatalog der Museumsdatenbank findet sich zwar der Begriff »Homosexualität«, er ist aber kaum vergeben.

Zwei Frauen, die sich küssen

Felice Schragenheim und Elisabeth Wust beim Ausflug an der Havel, nur Stunden vor Schragenheims Verhaftung, Berlin, 21. August 1944; Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Elisabeth Wust

Die meisten diesbezüglichen Treffer beziehen sich auf die Sammlung zu Felice Schragenheim (1922–1945) und Elisabeth (Lilly) Wust (1913–2006). Ihre Geschichte erlangte Bekanntheit durch das Buch Aimée & Jaguar von Erica Fischer (1994) und Berühmtheit durch den gleichnamigen Spielfilm, der 1999 in den Kinos lief.

Die überlieferten Fotografien und Dokumente belegen die lesbische Liebesbeziehung der beiden, darunter zahlreiche Liebesbriefe, einige davon mit dem Kussmund von Felice verziert. Einzigartig sind die zwei »Eheverträge«, die die beiden Frauen im Juni 1943 miteinander schlossen. Die 21-jährige Felice verfasste den ihren in Form eines Dekalogs mit zehn Versprechen: »Ich werde dich immer lieben«, lautet die erste Zeile.  weiterlesen