Veröffentlicht von am 9. September 2013 0 Kommentare

Welche Erinnerungen verbindest Du mit den Hohen Feiertagen?

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jüdischen Museums Berlin geben Antwort:

»Wenn ich zurück denke, dann erinnere ich als erstes Familie und Freunde, dicht gefolgt von Essen, sehr viel Essen.«
Roland Schmidt, Host

»Die Mahlzeiten bei meiner Oma habe ich als so üppig und ausladend in Erinnerung, dass man danach nicht nur am Jom Kippur, sondern am besten ein ganzes Jahr lang fasten sollte.«
Alina Gromova, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Fellowship-Programms und Guide

Gezeichneter Fisch auf einer Servierplatte

© Alina Gromova, Jüdisches Museum Berlin

»Um bei der Kulinarik zu bleiben, erwähne ich die Zeiten, in denen der ›Gefilte Fisch‹ noch selbst gekocht wurde. Zwei Karpfen wurden beim Fischhändler bestellt, der im September das Geschäft des Jahres machte, weil die Rosch ha-Schana feiernde Kundschaft nach lebendigen Fischen Schlange stand. In einem Blecheimer wurde der zappelnde Inhalt in der Straßenbahn nach Hause getragen, begleitet von den eisigen Blicken misstrauischer Tierschützer.  weiterlesen


Veröffentlicht von am 4. September 2013 2 Kommentare

Wie verbringst Du die Hohen Feiertage dieses Jahr?

Ein Apfel, eine Mango, eine Sternfrucht, eine Feige und ein Stück Zitrone

Apfel, Mango, Feige, Sternfrucht, Zitrone

Diese Frage haben wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jüdischen Museums Berlin gestellt. Manche Antworten fielen kurz aus, wie z.B. die Antwort einer Kollegin, die »meistens gar nichts« macht »(außer vielleicht ein paar Stücke Apfel in Honig tauchen…)«. Andere hatten eher einen indirekten Charakter, wie etwa eine Abwesenheitsnotiz, die mit »Herzliche Grüße und shana tova« schloss. Hier einige weitere Antworten:

»In diesem Jahr werde ich zu Rosch ha-Schana wie immer zu meiner Oma gehen. Mit einem Unterschied: Ich hoffe, dass sie dieses Mal meinem Rat folgt und die Gefilte Fisch vor dem Servieren aufzuwärmen vergisst, weil sie kalt viel besser schmecken.«
Alina Gromova, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Fellowship-Programms und Guide

Gestapelte Honiggläser

Honiggläser, Quelle: Pixabay, CC0-Lizenz

»Wie jedes Jahr begehen wir den Vorabend von Rosch ha-Schana mit Freunden bei einem Abendessen, das durch allerlei Segensprüche geheiligt wird. Wir ertränken Äpfel in Honig und kaufen seltsame Früchte, deren Verzehr uns Rätsel aufgibt. Mit Neuem begehen wir kulinarisch das neue Jahr, das mündet nicht selten in einem biologischen Intelligenztest. Danach gibt es leider keine Krepplach, weil sie niemand mehr zubereiten kann, und ›Gefilte Fisch‹ bestenfalls aus dem Glas. Seine Herstellung würde Tage in Anspruch nehmen, nicht zu reden von dem Gestank, der beim Kochen des Fisches entsteht, der sich im ganzen Haus verteilt und nicht nur die unliebsamen Nachbarn vertreibt. Die restliche Abfolge der Speisen ist unspektakulär. Manche der Dinnergäste gehen an den folgenden zwei Tagen in eine Schul, die entweder nach Kindheitserinnerungen oder nach liturgischem Interesse ausgewählt wird.«
Cilly Kugelmann, Programmdirektorin

 weiterlesen


Veröffentlicht von am 9. April 2013 2 Kommentare

In der Vitrine

Eine Museumsvitrine macht im Handumdrehen jeden beliebigen Gegenstand zu Kunst. Nun kann ich herausfinden, was sie aus einem Alltagsmenschen macht. Ich sitze in dem Schaukasten der aktuellen Sonderausstellung »Die ganze Wahrheit … was Sie schon immer über Juden wissen wollten«. Die Besucher gehen vorbei und wir beobachten uns gegenseitig. Viele lesen den Wandtext, werfen mir einen Blick zu und huschen davon.

Eine Frau hinter Vitrinenglas, im Hintergrund Ausstellungsbesucher

Olga Mannheimer als Gast in der Ausstellung zur ›ganzen Wahrheit‹
© Foto: Ernst Fesseler, Jüdisches Museum Berlin

Einige bleiben stehen, in sicherem Abstand. Ich räuspere mich, lächele einladend, deute auf den Button an meiner Bluse »Ask me, I’m Jewish«. Qualifiziert für diese Rolle, so die Rede zur Vernissage, habe mich die Behauptung, ich könne »die ganze Wahrheit« über die Juden verraten. Wird jemand danach fragen? Der Abstand verringert sich allmählich. Ein Mann will wissen, was die Exponatenbeschriftung am Schaukasten besagt – er hat seine Lesebrille nicht dabei. »Spezies: Diasporajüdin, Subspezies: Osteuropajüdin, Variante: Bananenjüdin«. Danke, sagt der Mann und geht rasch davon. »Bananenjüdin? Nie gehört«, sagt eine Frau. So wurden in Polen Juden genannt, erkläre ich, die von den Verwandten aus dem Westen mit Zitrusfrüchten und Bananen versorgt wurden.

Zögerlich kommen weitere Menschen hinzu, die Gruppe vor meinem Kasten wird größer. »Darf man zu einem Sederabend Blumen mitbringen?« »Kann man eine Vorhaut wieder annähen?«  weiterlesen