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Zwei Personen vor Computerbildschirm

Rafael Roth Learning Center

Multi­mediales im Unter­geschoss des Museums 2001–2017

Der Berliner Unter­nehmer Rafael Roth stiftete dem Museum ein multi­mediales Learning Center. Es lud Besucher*innen ein, an Computer­stationen jüdische Geschichte und Kultur zu entdecken. Dokumente, Objekte, Filme, Ton­aufnahmen und inter­aktive Spiele zeigten Vielfalt und Wechsel­haftigkeit der jüdischen Geschichte in Deutsch­land. Es gab kleinere Stationen mit Kopf­hörern, an denen man allein oder zu zweit sitzen konnte, und größere mit Laut­sprechern, an denen mehrere Leute Platz fanden.

Ausstellung bereits beendet

Übersichtsplan mit allen Gebäuden, die zum Jüdischen Museum Berlin gehören. Der Libeskind-Bau ist grün markiert

Ort

Libeskind-Bau UG
Lindenstraße 9–14, 10969 Berlin

Multi­mediale Aus­stellungen luden dazu ein, Geschichte anhand von Bio­grafien und Ereignissen zu entdecken. Kinder konnten im Computer­spiel Sansanvis Park jüdische Bräuche kennen­lernen und die Arbeit des Museum erkunden. Besondere Stücke der Sammlung wurden vor­gestellt und Blicke hinter die Kulissen der Sammlungs­tätigkeit mit Hinter­gründen zu Objekten und Dokumenten gewährt. Im Filmprojekt Gesichter sprachen Jüdin­nen*Juden über ihr Leben in Deutsch­land heute.

Innenansicht des Rafael Roth Learning Centers im Jüdischen Museum Berlin. Man sieht mehrere Personen vor Bildschirmen.

Das von Rafael Roth gestiftete Learning Center im Unter­­geschoss des Museums; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Thomas Bruns.

Geschichten

Die Geschichten waren das erste Format, das für das Learning Center entwickelt wurde, als es im Jahr 2001 mit der Dauer­ausstellung des Museums für die Besucher*innen öffnete. Hier gab es umfang­reiches Material, multi­medial auf­bereitet, illustrierte Lebens­geschichten, historische Ereignisse, religiöse Feste oder Themen, die sich durch die Geschichte ziehen.

Interessante Persönlich­keiten wie Bertha Pappenheim, Gründerin des Jüdischen Frauen­bundes, der Dichter Heinrich Heine, der Physiker Albert Einstein, der Berliner Jazz­musiker Coco Schumann oder die Schrift­stellerin Else Ury, die die Nest­häkchen-Bände verfasst hat, wurden hier vor­gestellt.

Wichtige Kapitel der jüdischen Geschichte wie etwa die Revolution 1848 in Europa, die jüdische Emanzipation und die Diskussionen über Menschen- und Bürger­rechte wurden anhand von Karten­material und vielen Quellen­texten erzählt, Aus­wanderung nach Amerika und Transit­stationen in Deutschland um die Wende zum 20. Jahr­hundert und in den ersten Jahr­zehnten des­selben Jahr­hunderts multi­medial präsentiert.

Dinge

Im Rafael Roth Learning Center präsentierten wir außerdem multimediale Geschichten rund um Objekte unserer Sammlung. Hier konnten Besucher*innen herausfinden, wie Objekte ins Museum kamen, was sie bedeuten und wie sie benutzt wurden, bevor sie ins Museum gekommen sind.

Filme, Interviews, Animationen und Spiele beleuchteten die Hintergründe und verschiedene mögliche Perspektiven, die wir auf ein Objekt haben. Stifter*innen, Expert*innen und Zeitzeug*innen kamen in Interviews zu Wort.

Holzklötzchen mit aufgeklebter Abbildung einer Synagoge zum Puzzlen.

Das Puzzle mit dem Foto der Neuen Synagoge können Sie auch in unseren Online-Sammlungen anschauen!

Gesichter

Das Interview­projekt Gesichter zeigte Film­ausschnitte, in denen Jüdinnen*Juden von ihrem Leben im Deutschland der Gegen­wart erzählen: Ihre Ein­stellungen zu Heimat und Religion sind so unter­schiedlich wie ihre Lebens­umstände, ihre Herkunft und ihr Alter.

Eine erste Interview­auswahl wurde in der Aus­stellung Koscher & Co im Herbst 2009 gezeigt. Anschließend war die voll­ständige Anwendung an den Computer­stationen des Rafael Roth Learning Centers zu sehen.

Unter dem Titel „Was heißt koscher für dich?“ sprachen die Prota­gonist*innen über die Bedeutung, die die jüdischen Speise­gesetze für sie haben, über Rituale und Traditionen, Familie und Freund*innen, Ab- und Aus­grenzung. Sie diskutierten über die Freiheit, die im Verzicht liegt, über die Verlockungen verbotener Speisen, genauso wie über Bio­produkte und Vegetarismus.

Eine Berliner Familie erzählte vom wöchent­lichen Schabbat und der Schwierig­keit, an koscheres Fleisch zu kommen. Für Jüdinnen*Juden aus der DDR und Ost­europa ist es zum Beispiel ein wichtiges Thema, wie sie nach der Wende 1989 jüdische Traditionen wieder­entdeckt haben. Andere Interview­partner*innen hingegen fühlten sich von diesen Traditionen entfremdet.

Wie kann man inmitten einer nicht­jüdischen Umgebung eine jüdische Identität entwickeln und leben? Unser Interview­partner Hillel bringt es auf den Punkt:

„Die Regeln sind irgendwie ein Vorschlag … sie sind ein Rahmen, man muss in diesem Rahmen spielen.“

Unsere Interviews dokumentierten die Band­breite jüdischen Lebens heute. Präsentiert wurde dies als nicht-linearer und inter­aktiver Film, umgesetzt im sogenannten Korsakow-System des Berliner Medien­künstlers Florian Thalhofer.

Sansanvis Park

Sansanvis Park war ein Spiel, das sich an Kinder im Grund­schulalter richtete und an den Computer­stationen im Rafael Roth Learning gespielt werden konnte.

Im Park leben Benny, Anna, Ilana, Cem und Heinz, die auf ihrem Weg durch den Park begleitet werden konnten: Benny zeigt, wie eine Synagoge aussieht, und geht in einen Gottes­dienst zum jüdischen Neujahrs­fest Rosch ha-Schana. Cem spielt im Musik­zelt ausge­wählte Songs aus seiner Platten­sammlung mit Musik aus aller Welt vor. Mit Heinz konnten die Spieler*innen unser Museum besuchen und erfahren, was dort gesammelt wird. Und Sansanvi, eine Figur aus der jüdischen Mystik, erklärte, wie alles funktioniert.

2006 wurde Sansanvis Park mit dem Deutschen Bildungs­medien-Preis Digita in der Kategorie „Privates Lernen“ aus­gezeichnet.

Digita

Deutscher Bildungsmedien-Preis
www.digita.de

Dank an die Mitwirkenden des Learning Centers

Das Learning Center wurde durch eine großzügige Spende des Berliner Unter­nehmers Rafael Roth ermöglicht und von Michael Rubin innen­architektonisch gestaltet.

An dieser Stelle sei all denjenigen gedankt, die an der Konzeption und Entwicklung dieses einzig­artigen Ortes beteiligt waren:

  • den Autor*innen Ulrich Baumann, Bernd Braun, Christian Dirks, Karin Grimme, Uri R. Kaufmann, Sabine Kößling, Kolja Kohlhoff, Maren Krüger, Yael Kupferberg, Sibylle Kussmaul, Léontine Meijer, Almut Meyer, Barbara Rösch, Sylvia Rogge-Gau, Jan-Christian Schwarz, Donate Strathmann, Jutta Strauss, Martina Voigt, Christine Zahn;
  • den Gestalter*innen Holger Bechtold, Michael Butschkau, Christiane John, Dirk Oßwald, Silke Oßwald, Stephanie von Ow, Kathrin Zinkmann;
  • Pandora Neue Medien für die Entwicklung der Softwareumgebung Pan-Net™ ORA System, Timm Ringewaldt (autokolor) für die Gestaltung des Eingangsfilms und Sabina Nordalm für die Gestaltung der Hocker im Auditorium;
  • für viele andere Tätigkeiten (Übersetzung, Datenerfassung, Digitalisierung, Redaktion, Verschlagwortung, Rechteklärung): Adam Blauhut, Arno Dettmers, Tobias Ebbrecht, Monika Flores Martínez, Dagmar Ganßloser, Louise Garrett, Jenny Gebel, Etta Grotrian, Koray Ali Günay, Edna Herlinger, Veronike Hinsberg, Henriette Kolb, Sabine Kühl, Gisela Lemke, Elke Mohr, Susan Richter, Ann Robertson, Karin Sakowski-Middelhoek, Bettina Schob, Christina Scholten, Christina Thesing, Barbara Thiele und Roswitha Ulrich.

Informationen zur Ausstellung im Überblick

  • Wann13. Sep 2001 bis 2. Apr 2017
  • WoLibeskind-Bau UG
    Lindenstraße 9–14, 10969 Berlin
    Zum Lageplan

Nachruf auf Rafael Roth

Lange vor der Eröffnung, gegen Ende des Jahres 1998, entschied sich der Berliner Unter­nehmer Rafael Roth, das Jüdische Museum Berlin finanziell zu unter­stützen. Er drückte damit sein Vertrauen in die Vision von W. Michael Blumenthal aus, einen bedeutenden Ort für die Erforschung und Vermittlung der jüdischen Geschichte in Deutschland zu schaffen. Die Unter­stützung von Rafael Roth galt ins­besondere der Idee, den Museums­besucher*innn mit der Errichtung eines multi­medialen Centers eine zeit­gemäße Möglichkeit zu eröffnen, jüdische Geschichte in Deutschland interaktiv zu erleben. Seine groß­zügige Spende ermöglichte sowohl die architek­tonische wie auch die konzeptionelle und technische Entwicklung dieses Centers im Unter­geschoss des Gebäudes von Daniel Libeskind. Als das Rafael Roth Learning Center zusammen mit der Dauer­ausstellung am 9. September 2001 eröffnet wurde, entsprach es genau dem, was man sich zum Ziel gesetzt hatte: „das modernste, eindrucks­vollste und wichtigste Center seiner Art“. Auch zwölf Jahre später begeistert es als Medien­lounge und Studien­saal noch immer viele Besucher*innen.

Rafael Roth ist am 21. September 2013 gestorben. Das Jüdische Museum Berlin ist ihm zu großem Dank verpflichtet und wird sein Andenken ehren.

Mirjam Wenzel und Henriette Kolb, Medien
Dieser Nachruf erschien am 24. September 2013 auf dem Museums­blog Blogerim.

Mann mit Brille, Jackett und schwarzer Fliege lächelt in die Kamera.

Rafael Roth, 2003; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Bildschön

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