Veröffentlicht von am 27. Juli 2015 0 Kommentare

»Die European Maccabi Games in einem Nazi-Bau: Das ist schon eine starke Message«

Vom 27. Juli bis 5. August 2015 finden in Berlin die 14. European Maccabi Games (EMG) statt. Mehr als 2.000 jüdische Sportlerinnen und Sportler aus über 36 Ländern werden in 19 Sportarten wie Fußball, Fechten oder Schach daran teilnehmen. Tamar Lewinsky und Theresia Ziehe begleiten die Spiele mit einer Porträt- und Interviewserie in unserem Blog und stellen hier jeden Tag Sportlerinnen und Sportler aus Berlin vor, die in der deutschen Delegation an den EMG teilnehmen. Die Interviews haben die beiden auf dem Gelände des TuS Makkabi Berlin in Grunewald geführt, wo auch die Porträts von Stephan Pramme entstanden sind.

Alex (25), Tischtennis

Alex, warum nimmst Du an den Euopean Maccabi Games teil?

Junger Mann steht mit Tischtennisschläger und Ball an einem Tisch im Freien

Alex (25) Tischtennis © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Stephan Pramme

Als ich 2003 zum ersten Mal auf einem Makkabi-Lehrgang war, bin ich meiner Identität ein bisschen näher gekommen. Aufgewachsen bin ich in Goslar, einer Kleinstadt, in der meine Familie die einzige jüdische Familie war. Deshalb war dieser Makkabi-Lehrgang eine Art Selbstfindung und ich habe dort so etwas wie eine neue Familie gefunden: Es wurde viel Russisch gesprochen, das war für mich auch ein besonderes Heimatgefühl. Denn wegen meiner doppelten Staatsbürgerschaft darf ich nicht mehr nach Russland fahren, dann könnte ich ins Militär eingezogen werden. Und natürlich hat auch der Wettbewerb eine Rolle gespielt, weil ich damals sehr leistungsorientiert war.

Die EMG finden ja zum Teil an einem sehr symbolträchtigen Ort statt: Auf dem Olympiagelände, das 1936 für die Spiele errichtet wurde, von denen jüdische Sportlerinnen und Sportler ausgeschlossen waren. Hat es für Dich eine besondere Bedeutung, dass die EMG in Berlin und speziell  auf dem Olympiagelände stattfinden?

Ich freue mich sehr, dabei zu sein. Aufgrund der deutschen Vergangenheit ist es natürlich eine symbolisch sehr wichtige Veranstaltung: Juden aus Europa und von anderen Kontinenten treffen hier zusammen und machen Sport in einem Nazi-Bau. Ich finde diese Message ziemlich stark. Das Olympiagelände war ja für uns ein »verbotener Spielplatz«, aber jetzt darf man sich da richtig austoben. (lacht) Und ich möchte nicht sagen, dass ich es satt habe, aber ich finde, man sollte nicht immer zurückschauen und sich fragen, wieso das alles passiert ist. Wir sind eine neue Generation und möchten nicht mehr so stark mit der Vergangenheit konfrontiert werden. Natürlich ist mir bewusst, dass Makkabi als zionistische Organisation gegründet wurde. Mir gefällt auch nicht, dass bei der internationalen Makkabiade, die alle vier Jahre in Israel stattfindet, Propaganda für Israel und die Einwanderung gemacht wird. Trotzdem ist es toll, hier in Berlin dabei zu sein.

Und was bedeutet Judentum für Dich persönlich?

Judentum ist für mich einfach nur die Herkunft, die Familie. Mein Großvater war orthodox, meine Eltern sind nicht religiös und haben es uns überlassen, wie wir leben wollen. Deshalb ist es für mich einfach nur eine Information, nicht mehr und nicht weniger.

Tamar Lewinsky, Kuratorin für Zeitgeschichte, und Theresia Ziehe, Kuratorin für Fotografie, drücken natürlich allen ihren Interviewpartnerinnen und -partnern die Daumen für die European Maccabi Games!

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