Spatzen, 4 Euro und die Stoffe der Stadt

Ein Gespräch mit den Künstlerinnen Maria und Natalia Petschatnikov

Ende Mai gab es endlich die ersten fühlbaren Sonnenstrahlen in Berlin und damit eine perfekte Gelegenheit für mich, einen Ausflug nach Kreuzberg zu machen. Die Künstlerinnen Maria und Natalia Petschatnikov zeigten mir ihr Atelier und erzählten mir von den »Spatzen« und »4 Euro«, ihren beiden Objekten im Kunstautomaten des Jüdischen Museums Berlin. Sie sprachen über ihre aktuellen Projekte und beantworteten mit viel Humor auch alle meine Fragen jenseits von Kunst.

Ein Zwillingspaar auf Stühlen sitzend vor Bildern an der Wand

Maria (links) und Natalia Petschatnikov vor einem Teil ihres Projekts »Berlin & Berlin«, 2015
© und Foto: Michaela Roßberg

Michaela Roßberg: Ihr arbeitet immer zusammen und seid Zwillinge, sogar eineiige. Wie ist es, wenn man so eng miteinander arbeitet? Wie entwickeln sich dabei Ideen und die Arbeit an Projekten? Schließlich hat doch immer nur eine Person das Idealbild eines fertigen Werkes vor Augen, oder?

Maria: Bei uns geschieht viel durch Dialog. Es ist nicht so, dass eine von uns die Idee hat und nach der Fertigstellung des Projekts sagen kann: »Das ist meine Idee gewesen«. Bei uns entstehen Arbeiten in einem gemeinsamen Prozess, wir gehen z.B. zusammen durch die Stadt und sehen interessante Dinge, die uns zum Nachdenken anregen. Wir sprechen viel über diese Sachen und daraus entstehen dann unsere gemeinsamen Ideen.  weiterlesen

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Veröffentlicht von am 16. Juni 2015 0 Kommentare

Die Flucht vor dem Fluchtpunkt

Ein schwarz gekleideter Mann mit Hosenträgern steht zwischen großformatigen Bildern

Georg Sadowicz in seinem Atelier
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Kilian Gärtner

In Berlin-Hohenschönhausen bin ich mit Georg Sadowicz in seinem Atelier verabredet. Der heute in Berlin lebende Künstler wurde im polnischen Liegnitz nahe der deutschen Grenze geboren. Zwei seiner Werke, Vorstudien zu größeren Arbeiten, sind seit April in limitierter Auflage für die Besucher des Jüdischen Museums Berlin im Kunstautomaten in der Dauerausstellung zu erwerben: Sie heißen »Der Vorbeter« und »Die Mühle«. Etwa hundert Meter vom Atelierkomplex entfernt befindet sich die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen mit den Räumlichkeiten der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt der Staatsicherheit der DDR. Ihr Anblick löst ein beklemmendes Gefühl bei mir aus, das sich erst verflüchtigt, als ich Sadowiczʼ Atelier betrete.  weiterlesen

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Fotografische Zeitzeugnisse: Zur Geschichte der Sammlung Herbert Sonnenfeld

Heute vor 108 Jahren, am 29. September 1906, erblickte der Fotograf Herbert Sonnenfeld in Berlin Neukölln das Licht der Welt.

Seine Fotografien gehören zu den umfangreichsten und wichtigsten Beständen in der Fotografischen Sammlung des Jüdischen Museums Berlin. Die Sammlung umfasst etwa 3000 Negative aus der Zeit zwischen 1933 bis 1938. Neben Abraham Pisarek und Arno Kikoler zählt Sonnenfeld zu den wenigen jüdischen Fotografen, die in den 1930er Jahren in Berlin und Umgebung jüdisches Leben dokumentierten und uns damit einmalige Bildzeugnisse hinterließen.

Schwarzweißaufnahme eines Mannes der eine Kamera in den Händne hält und direkt den Fotografen des Bildes anschaut

Leni Sonnenfeld fotografiert ihren Mann Herbert, Berlin ca. 1935
© Jüdisches Museum Berlin, Ankauf aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin

Herbert Sonnenfeld arbeitete zunächst als Versicherungsangestellter, wurde im Zuge der antisemitischen Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes aber entlassen. Zur Fotografie kam er auf Umwegen und als Autodidakt: Seine Frau Leni nahm im Anschluss an eine Reise nach Palästina 1933 Kontakt zu verschiedenen jüdischen Zeitungen auf und bot ihnen die Fotografien ihres Mannes an. Diese waren begeistert, kauften ihr die Abbildungen umgehend ab und fragten nach weiteren Bildern. Damit begann Herbert Sonnenfelds Tätigkeit als Pressefotograf.
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