Verwandlung

Einleitung zu Kapitel 3 des Ausstellungskatalogs GOLEM

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Emily D. Bilski

Verwandlungsprozesse gehören zum Kern des Golem-Motivs. Der Golem selbst wurde für Künstlerinnen und Künstler zu einer starken Metapher für kreatives Schaffen und für das Ringen um Form, um das Lebendigmachen von unbelebter Materie. Sobald das Werk aber vollendet ist, entzieht es sich der Kontrolle der Kunstschaffenden.

Künstler*innen bedienen sich einer Vielzahl von Medien, Techniken und Stilen, um solche Verwandlungsprozesse sichtbar zu machen. So setzt Michael David sein Werk bewusst Feuer und anderen Naturgewalten aus, die seine großformatigen Arbeiten über lange Zeit hinweg immer wieder verändern. David Musgrave verwendet in seinen Golem-Arbeiten Animation und trompe l’oeil Verfahren, um im Verbinden von unbearbeiteten Materialien einer neuen Gesamtheit eine Gestalt zu verleihen.

Eine der Wortbedeutungen von „Golem“ im modernen Hebräisch bezeichnet etwas, das sich noch in einem embryonalen Stadium befindet. Aus diesem Kern entstehen Kunstwerke, die um den Prozess des Werdens kreisen. Einige Künstler beschäftigen sich mit der Verknüpfung der hebräischen Worte für „Mann/Mensch“ (אדם, adam) und „Erde“ (אדמה, adama), die als Verbindung zur biblischen Schöpfungsgeschichte gelesen werden können. Dramatische Bilder entstehen, die die Verwandlung des Menschen aus Erde und das Verschmelzen mit der Materie Verschmelzen zum Thema machen, wie zum Beispiel in Charles Simonds‘ Fotografien und Videoarbeiten. Auch Amos Gitais Vision der Geburt eines weiblichen Golem, dargestellt von Annie Lennox, spielt mit diesen linguistischen und visuellen Verweisen.

Die enge Verbindung von Körper und Landschaft drückt Tobi Kahn in abstrakter Sprache in seinen Gemälden aus. Die Seine Formen erinnern an Felsen, an Geröll, an Wasserquellen oder schwimmende Inseln; gleichzeitig werden sie zu Gesichtern, zu Augen oder Mündern, die ineinander verwoben sind. In Otza II erinnnert die ockerfarbene Felsformation an den Finger Gottes, der einen Golem in die Welt zieht. Die formale Anspielung auf Michelangelos Darstellung der Schöpfung Adams in der Sixtinischen Kapelle vergleicht hier den Künstler als Schöpfer mit Gott, dem Schöpfer. Wie Ernst Kris und Otto Kurz in Die Legende vom Künstler beobachten: „Das Bild des Künstlers, der Leben verleiht, der seine bildhaften Werke mit seiner Arbeit belebt … führt zurück zum Glauben an die schöpferische Macht der Gottheit, die Leben in Formen aus Lehm atmet.“

Emily D. Bilski ist Kunsthistorikerin und arbeitet hauptsächlich über die Schnittstelle zwischen Kunst, Kulturgeschichte und jüdischer Erfahrung in der Moderne sowie über zeitgenössische Kunst. Sie arbeitet als Kuratorin und Beraterin von Museen in den USA, Europa und Israel. Für ihre Publikationen Berlin Metropolis: Jews and the New Culture: 1890-1910 (1999) und Jewish Women and Their Salons (2005) gewann sie jeweils den National Jewish Book Award.

Citation recommendation:

Emily D. Bilski (2016), Verwandlung. Einleitung zu Kapitel 3 des Ausstellungskatalogs GOLEM.
URL: www.jmberlin.de/node/4691

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