Ein Symbol für den Übergang

Objekttag Dresden: Vera Primakova

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„Zeigen Sie uns Ihre Geschichte!“ – dieser Einladung folgen seit 2017 Jüdinnen*Juden, die uns für das Projekt Objekttage ihre Migrations­geschichte erzählen.

Eine Frau in dicker Winterjacke trägt riesige karierte Platiktasche.

Vera Primakova, geboren 1949 in Troizk, Oblast Tscheljabinsk, UdSSR, heute Russland.
Seit 1998 in Deutschland
Dozentin für szenische Sprache.
Jüdisches Museum Berlin, Foto: Stephan Pramme

Es sind wohl verschiedene Gründe, die uns zur Ausreise nach Deutschland bewogen haben. Zum einen wirtschaftliche: Rein theoretisch verdiente ich wohl gutes Geld. Man kriegte aber nichts auf die Hand, denn die Gelder blieben irgendwo stecken und wurden nicht ausgezahlt. Der allerwichtigste Grund aber war die unglaublich hohe Kriminalitätsrate. Diese Angst, dass man einfach angehalten, ausgeraubt, vergewaltigt, gekidnappt werden kann, die Angst um unsere Tochter. Auch gab es immer Antisemitismus. Ich bekam zum Beispiel eine Promotionsstelle nicht, weil in Paragraph 5 im Personalausweis meine Nationalität mit „jüdisch“ vermerkt war. Neben all diesen Gründen war die Idee eines Neustarts in Deutschland spannend!

Diese Tasche bewahre ich als eine Art Symbol für den Übergang in eine andere Welt auf – pro Person durften wir eine Tasche dieser Größe mitnehmen. Jetzt liegt sie seit fast 20 Jahren im Keller! Das Paradox ist: Nichts von dem, was wir in dieser Tasche mitgebracht hatten, konnten wir hier verwenden. Besteck, Kochtöpfe, die wir darin transportierten, bekamen wir hundertfach im Wohnheim, in genau solchen Taschen stellte man sie vor unsere Fenster! Und unsere russische Kleidung passte nicht zu dem, was man in Deutschland trug… Das gehört wohl zum Paradox, das unser Leben hier begleitet. So bin ich in Deutschland meinen jüdischen Wurzeln viel näher gekommen. Auch paradox. Überhaupt ist das Leben hier voller Paradoxa. Aber das ist wohl für Juden auf der ganzen Welt so.

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