Dieser kleine Hotelpage heißt Malka Kahan und ist sechs Jahre alt. Vermutlich kennt sie die aufregende Geschichte von »Emil und den Detektiven«, die gerade in Berlin verfilmt wurde. Der Hotelpage spielt bei diesem Abenteuer eine entscheidende Rolle. Malka (1926–2006) und ihr älterer Bruder Avinoam wachsen ganz in der Nähe der Filmschauplätze in Charlottenburg auf. Ihre große Familie führt einen typisch bürgerlichen Lebensstil, allein ihre Vielsprachigkeit deutet auf eine ungewöhnliche Geschichte hin.

Die Familie Kahan stammte aus dem Russischen Reich, wo Malkas Urgroßvater im Ölgeschäft zu großem Wohlstand gekommen war. Krieg und Revolution zwangen die Familie ihre Heimat zu verlassen, seit 1914 lebten die meisten Angehörigen in Berlin. Sie konnten sich schnell einleben, denn aus Studienzeiten und von Sommerreisen war ihnen Deutschland sehr vertraut. Nach dem Ersten Weltkrieg fasste die Familie hier wirtschaftlich Fuß und gehörte Mitte der 1920er Jahre zu den großen Ölimporteuren in Deutschland.

Nach der Weltwirtschaftskrise und unter dem Druck der Nationalsozialisten verkauften die Kahans ihre Firmenanteile und emigrierten. Nur 16 Monate, nachdem die Fotografie von Malka im Kostüm entstanden war, verließen sie und ihre Familie Berlin und reisten nach Paris. Von dort aus wanderten sie in Palästina ein.

Miriam Goldmann