Abschied.

Gedichte von jungen Lyrikerinnen und Lyrikern aus dem Lyrix-Wettbewerb

verzierter Ausschnitt aus einer Ketubba

Ketubba (Hochzeitsvertrag), Rom 1763
© Braginsky Collection, Foto: Ardon Bar-Hama

Während der Führungen durch unsere Sonderausstellung „Die Erschaffung der Welt“ haben wir uns mit Besuchern über unterschiedliche Vorstellungen von Partnerschaft und Ehe unterhalten. Die ausgestellten Ketubbot (jüdische Eheverträge) waren ein Anlass, um über die Stellung der Ehe in unterschiedlichen Kulturen und Religionen früher und heute zu diskutieren. Wie nahm oder nimmt eine Ehe ihren Anfang? Mit dem Arrangement der Eltern? Mit Schmetterlingen im Bauch? Zum Zwecke einer Aufenthaltsgenehmigung? Hände Halten -oder noch stärker die verniedlichende Form des Händchen Haltens – assoziieren wir mit einem Gefühl von Verliebtheit, der beginnenden Liebe. Katharina Buccarello, assoziierte noch weiter – Hände Halten bis zum Abschied- und gelangte so zu dem zentralen Grund, weshalb es im Judentum Eheverträge gibt: Die Scheidung wird geregelt! Im interreligiösen Vergleich erklärt dies, warum das Christentum keiner Eheverträge bedarf: Hier scheidet lediglich der Tod. Elias Paschke zeigt, dass das allerdings auch nicht immer stimmt.

Diana Dressel, Bildung

Heft mit handschriftlichen Aufzeichnungen und Händen

Handschriftliche Skizzen zu einem Gedicht
© Deutschlandradio, Foto: Anna-Lisa Deichert

Hände Halten

Hände, deine Hände
Verkrampft zitternd –
Halten sich fest am Stoff
Wie die Blubberblasen der Cola,
Die du so gern trinkst,
Versuchen, an der Oberfläche zu bleiben.
Der dünne Strich –
Deine zusammengepressten Lippen
Wirken wie deine verschatteten Augen.
Es ist der Moment der Furcht
Und voller Angst vor dem Ende,
Trete ich betreten zurück.
Doch schnell verfliegt deine Anspannung – So schnell wie die Blubberblasen
An der Oberfläche der Cola, Die du so gern trinkst.

Hände, deine Hände
Halten mich fest am Kleid.
Der Wind zerrt daran
Um es dir zu entreißen
Doch du lässt nicht los.
Nicht einmal als ich aufhöre,
Weinend traurig dich anzuschauen
Und auf die Cola,
Die neben dir
Auf deinem Nachttisch steht.

Hände, meine Hände
Halten dein Gesicht, dich –
Für immer fest
In der Seele verschlossen.
Angekettet – nein, zusammen verschmolzen zu einem Ganzen.
Miteinander lebende Erinnerungen
Verfliegen mit deinem Abschied.

Hände, meine Hände
Lassen nicht los.
Nicht dich, nicht uns, wir.
Auch wenn du schon lange weg bist,
Bleibst du dennoch
Ewig bei mir, in mir, mit uns.
Denn unsere Hände halten:
Begrüßung, Versprechen, Abschied.
Und uns.

(Katharina Buccarello aus Berlin, Felix-Mendelssohn-Bartholdy Gymnasium, Jahrgang 1997)

Foto von Bleischriften in einem Glas

Schreibwerkzeuge © Deutschlandradio, Foto: Anna-Lisa Deichert

Waschung

was weinst du, johanna?
du weinst krank im sarg
ich hasse die liebe, die das vermag
ich will dich benutzen
ich will mich verkanten
betrunken von säure
von schmerz und von sommer
der asphalt ist viskos ich
sinke zu den knöcheln die
häuser schimmeln die
katzen hecheln
dein wind ist so lau
deine augen sind rau
dein nacken ist blass
kalt wärmt mich der hass
was tanzt du, johanna?
du tanzt krank im grab
ich liebe den hass, der das vermag
will noch mehr fressen
dann sämig ertrinken
will tauchen in schleimhaut
deinen schweiß
mich an ihm besaufen
nackt und kalt dich verzehren
im wald, ich will laufen, laufen
dir lächelnd ein totes kind gebären

(Elias Peschke aus Bad Dürkheim, Werner-Heisenberg-Gymnasium, Jahrgang 1995)

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