»Ich glaub‘ nie mehr an eine Frau« – der Ton zum Film

Es gibt Filme, die in Archiven schlummern und auf ihre Entdeckung warten. Es gibt aber auch Filme, die es nicht mehr gibt, und die dann wieder auftauchen: als Filmton.

Verpackungen von Schallplatten

Fundsituation der Schelllackplatten © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Regina Wellen

Anlässlich des Umzugs unserer Bestände in ein anderes Depot sichtete unsere Kollegin Regina Wellen aus der Restaurierungsabteilung unsere Sammlung an Schellackplatten, um ein neues Lagerungskonzept zu erstellen. Dabei stieß sie auf elf noch nicht inventarisierte Platten, die viel größer als die anderen waren und deren Label auf eine andere Verwendung als das häusliche Grammophon schließen ließ. Zu unserem Glück konnte Regina sie schnell als Filmgeleitplatten identifizieren, die während den Filmvorführungen in den Kinosälen mit Hilfe des eingezeichneten Startsignals einen synchronen Ton zum Bild liefern sollten. Die von eins bis zwanzig durchnummerierten Kästchen auf dem Label konnten nach jeder Filmvorführung angekreuzt werden, um abgenutzte Platten rechtzeitig auszutauschen. Nachdem Regina diese Platten trocken gereinigt und eine Verpackung angefertigt hatte, nahm sie im Rahmen ihrer Bachelor-Arbeit an der HTW Berlin auch die Digitalisierung unter Betreuung von Nadja Wallaszkovits vom Wiener Phonogrammarchiv vor.

Label einer Schallplatte mit Kästchen zum Ankreuzen

Label der Filmgeleitplatte mit Kästchen zum Ankreuzen © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Regina Wellen

Wir besitzen nun den vollständigen Ton zu dem Film »Ich glaub‘ nie mehr an eine Frau« (1929/30) mit Richard Tauber und Gustav Gründgens in der Regie von Max Reichmann und unter der musikalischen Leitung von Paul Dessau. Dieser Film aus der Anfangszeit des deutschen Tonfilms gilt als verschollen und das bewegte Bild ist es weiterhin. Er handelt von dem gefeierten Sänger Stefan (Richard Tauber), der nach einer enttäuschten Liebe auf einem Schiff anheuert, und von einem Matrosen (Werner Fuetterer), der sich nach seiner Rückkehr in die Heimat in eine Frau verliebt, die er nicht lieben darf. Um das Stimmvolumen Richard Taubers angemessen wiederzugeben, wurde bei den Tonaufnahmen das neu entwickelte Lichttonverfahren der Berliner Tri-Ergon Musik-AG eingesetzt. Dieses Verfahren führte zu einer deutlichen Verbesserung der Tonqualität, die Siegfried Kracauer in der Frankfurter Zeitung vom 1. März 1930 denn auch als das herausragende Merkmal von „Ich glaub‘ nie mehr an eine Frau“ beschrieb: »Der Ton Taubers in diesem Film klingt makellos rein, die Nuancen werden getreu wiedergegeben und sämtliche Stimmen kommen aus den zu ihnen gehörigen Mündern.«

Cover einer Filmzeitschrift mit dem Porträt eines Mannes mit Mütze

Illustrierter Filmkurier 12.1930, Nr. 1341

Regina übergab mir die Digitalisate des Filmtons für unser Medienarchiv in verschiedenen Formaten, die auch eine spätere Audiorestaurierung erlauben. Wir überlegten gemeinsam, wie die Langzeitarchivierung garantiert und dafür gesorgt werden konnte, dass unser Filmton gefunden wird, falls das Bild zum Film wieder auftauchen sollte. Eine Kopie des digitalisierten Filmtons übergaben wir daher der Deutschen Kinemathek. Aber was ist ein Film ohne Bild? Eine Kostprobe können Sie sich hier anhören; den vollständigen Film mit Ihren eigenen Bildern im Kopf bei uns im Lesesaal erleben.

Es sprechen Richard Tauber, Paul Hörbiger, Werner Fuetterer. Nach dem Intro und einigem Stimmgewirr ist das der erste Dialog. Dann singt Tauber »Übers Meer grüß ich dich, Heimatland« (Text: Fritz Rotter)

Und auch dies gehört zu unserer Rechenschaftspflicht: die Provenienz der elf Filmgeleitplatten konnte leider nicht mit letzter Sicherheit geklärt werden. Das Jüdische Museum Berlin hat sie entweder 1999 in einem umfangreichen Konvolut mit über 300 Richard-Tauber-Schellackplatten erworben oder sie haben einen anderen Weg von Tri-Ergon aus der Ritterstraße 43 in die Lindenstraße 9-14 gefunden. Luftlinie: 250 Meter.

Bernhard Jensen, Bibliothek

Kommentiert von doris gerlach geborene selzer am 26. Juni 2015, 20:30 Uhr

Werner,

wenns dich noch gibt bitte melde dich.

durch einen schlimmen ubfall im Rollstuhl sitzend denke ich sehr oft an deine Freundschaft und dich.

PS

ich arbeitete im Salon Emmerich und deine mutter war eine nette Kundin von mir und meinem Chef.

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