Veröffentlicht von am 11. Juli 2016 0 Kommentare

Nach dem Aufbau ist vor dem Abbau

Die konservatorische Arbeit an der Boris Lurie Ausstellung

Alicija Steczek mit Stirnlampe vor einer Collage von Boris Lurie

Restauratorin Alicija Steczek begutachtet mit einer Stirnlupe ein Werk von Boris Lurie; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Stephan Lohrengel

Wer als Besucherin oder Besucher in unsere Ausstellung »Keine Kompromisse! Die Kunst des Boris Lurie« (mehr Informationen auf unserer Website) kommt, sieht in der Regel gar nicht, dass sie das Ergebnis einer langen Vor- und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Bereichen unseres Museums ist. Beteiligt sind unter anderem die Kolleginnen und Kollegen aus der Wechselausstellungsabteilung sowie unsere Registrars, die sich zum Beispiel um den ganzen Leihverkehr und die Organisation der Transporte kümmern, und wir Restauratoren. Unser Einsatz begann bereits anderthalb Jahre vor dem Aufbau der Ausstellung, setzt sich nun während der Laufzeit weiter fort und findet erst beim Abbau Anfang August seinen Abschluss.

So spannend und materialvielfältig die Arbeiten von Boris Lurie sind, so aufwendig ist die Arbeit zum Schutz seiner Werke. Viele Kunstwerke sind Collagen und Assemblagen, bei denen Boris Lurie unterschiedlichste Papiere, Fotografien, Öl- und Acrylfarben in Kombination und häufig übereinander einsetzte. Jedes dieser Materialien hat seine eigenen Eigenschaften und reagiert unterschiedlich auf Klimaschwankungen und Erschütterungen, sodass eine schützende Verpackung für den Transport, eine schonende Handhabung bei der Auf- und Abhängung und eine konstante Klimatisierung der Ausstellungsräume von zentraler Bedeutung sind. Als Restauratoren müssen wir darauf achten, dass diese konservatorischen Auflagen vor, während und nach der Ausstellung unbedingt eingehalten werden, damit nicht nur unsere Generation Boris Luries Werke studieren und genießen kann, sondern auch noch die Generationen nach uns.

Gemälde lehnen an der Wand und stehen auf Staffeleien

Werke von Boris Lurie vor der Hängung; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Zineb Ayyadi

Dafür ist schon in der Planungsphase eine genaue logistische Organisation zum Auf- und Abbau unabdingbar: Die verschiedenen Abteilungen müssen ihre Arbeiten genau miteinander absprechen. Im Fall von Boris Luries Werken galt es zu bedenken, dass diese zum Teil unverglast sind und daher in der Ausstellung einen besonderen Schutz benötigen. Außerdem konnten einige Werke aufgrund ihrer Größe nicht über den Aufzug in die Ausstellungsräume gelangen und mussten daher über die Treppe transportiert werden.

Nach der Planungsphase begann der Aufbau der Ausstellungsräume, der abgeschlossen sein musste, bevor die Werke von Boris Lurie in die Ausstellungsräume gebracht werden konnten. Das bedeutete, dass der Boden fertig belegt, zusätzliche Wände eingebaut, gestrichen, die Wandfarbe getrocknet, die Räume gereinigt und ein stabiles Klima eingestellt sein mussten.

Zwei Restauratorinnen in der Ausstellung

Die Restauratorinnen beim Aufbau der Ausstellung; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Zineb Ayyadi

Die Werke von Boris Lurie kamen anschließend in ihren Transportkisten in die Ausstellungsräume und nach dem Auspacken begannen wir Restauratoren mit der Dokumentation der einzelnen Objekte: Auf sogenannten Zustandsprotokollen wurde der Zustand von über 200 Objekten schriftlich, durch Zeichnungen und Fotografien festgehalten. Mit unserer Erfahrung und Fachkompetenz beurteilten wir die geschädigten und potentiell gefährdeten Bereiche bei seinen Kunstwerken. Bei Boris Luries großen Collagen dauerte es einige Stunden, bis diese vollständig erfasst waren. Erst danach folgte die koordinierte Hängung durch ein professionelles Aufbauteam, das Erfahrung im Umgang mit Kunst- und Kulturwerken hat, in enger Zusammenarbeit mit uns Restauratoren.

Wenn alle Werke an ihrer endgültigen Position hängen, wird die Beleuchtung auf jedes einzelne Werk eingestellt. Dabei sind neben ästhetischen Anforderungen auch konservatorische Belange zu berücksichtigen, denn organisches Material wie zum Beispiel Papier reagiert besonders sensibel auf zu starke und falsche Beleuchtung, sodass solche Werke nur unter reduzierten Beleuchtungsbedingungen ausgestellt werden dürfen.

Ausstellungsraum mit Leiter und Werkzeug

Aufbau der Ausstellung; Jüdisches Musuem Berlin, Foto: Stephan Lohrengel

Meine Aufgaben als Restauratorin waren mit der Eröffnung der Ausstellung jedoch nicht erledigt, da die Werke während der Laufzeit weiter regelmäßig kontrolliert und auf ihren Zustand begutachtet werden. Zum Schutz der Objekte entstauben wir regelmäßig die Rahmen und Podeste und kontrollieren das Klima und die Ausstellungsbedingungen.

Wenn heute in drei Wochen die Ausstellung beendet sein wird, wird der gesamte Ablauf zum Aufbau in genau umgekehrter Reihenfolge wieder durchgeführt: Wir werden alle 206 Werke von Boris Lurie ein weiteres Mal protokollieren und deren Zustand überprüfen. Dann werden die Objekte wieder schützend verpackt, in ihre Transportkisten eingebracht, genau wie beim Antransport, und zurück zur Leihgeberin, der Boris Lurie Foundation in New York, verschickt.

Für Restauratoren ist nach der Ausstellung aber gleichzeitig auch immer vor der Ausstellung: Bereits im September eröffnet unsere nächste große Ausstellung »Golem« (mehr Informationen), für die wir jetzt schon in den Vorbereitungen stecken.

Alicija Steczek konnte als Papierrestauratorin Boris Luries Werke besonders nah studieren.

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