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W. Michael Blumenthal

Gründungsdirektor

Nach einer vielseitigen und ungewöhnlichen Karriere als Wirtschaftsprofessor, Politiker, Manager und Autor war W. Michael Blumenthal von Dezember 1997 bis September 2014 Direktor des Jüdischen Museums Berlin. Als Gründungsdirektor steht er dem Museum für eine Übergangszeit weiterhin beratend zur Verfügung.

Lebenslauf

W. Michael Blumenthal wurde 1926 in Oranienburg bei Berlin geboren. Als er drei Jahre alt war, zog die Familie nach Berlin. 1938 wurde sein Vater nach Buchenwald verschleppt und dort sechs Wochen lang festgehalten und misshandelt. Nach seiner Freilassung konnte die Familie 1939 nach Shanghai flüchten und überlebte dort den Krieg.

1947 wanderte W. Michael Blumenthal in die Vereinigten Staaten ein und nahm 1952 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an. Nach seiner Promotion (Ph.D.) an der renommierten Princeton University war er dort von 1953 bis 1956 als Wirtschaftsprofessor tätig. Anschließend stieg er bei der Crown Cork International Corporation zum Vizepräsidenten und Direktor auf.

In den 1960er-Jahren wechselte er in die Politik. Von 1961 bis 1967 war er im Außenministerium als Berater der Präsidenten Kennedy und Johnson in Handelsfragen tätig. Es folgten zehn Jahre als Präsident und später als Vorstandsvorsitzender bei der Bendix Corporation, ehe ihn Präsident Jimmy Carter 1977 als Finanzminister in sein Kabinett berief. 1979 trat W. Michael Blumenthal von seinem Amt zurück. Er betätigte sich erneut in der Wirtschaft und stieg 1980 als Vizepräsident bei der Burroughs Corporation ein, wo er ein Jahr später Vorstandsvorsitzender wurde. 1986 wurde W. Michael Blumenthal Vorstandsvorsitzender der durch eine Fusion neuentstandenen Unisys Corporation. Nach seiner Pensionierung war er Partner und Leitender Berater bei der Investmentbank Lazard Frères & Co. LLC (1990–96).

In diese Zeit fällt auch seine zunehmende Beschäftigung mit der Geschichte der deutschen Jüdinnen*Juden. Für sein 1998 erschienenes Buch Die unsichtbare Mauer: Die dreihundertjährige Geschichte einer deutsch-jüdischen Familie erforschte er die Lebensläufe mehrerer Vorfahren – darunter die für ihre Berliner Salons berühmte Rahel Varnhagen, der Opernkomponist Giacomo Meyerbeer und der Literaturkritiker Arthur Eloesser. An ihrem Beispiel schildert er die schwierigen Beziehungen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Deutschen seit dem 17. Jahrhundert und spürt der Frage nach, wie es zur Katastrophe der Schoa kommen konnte.

Seit der Berufung von W. Michael Blumenthal 1997 zum Direktor des Jüdischen Museums Berlin befasst sich das Museum nicht mehr vorwiegend mit der Geschichte der Berliner Jüdinnen*Juden, sondern mit der gesamten deutsch-jüdischen Geschichte. Die lange angestrebte Eigenständigkeit von der Stiftung Stadtmuseum erhielt das Museum zum 1. Januar 1999. Der 14. Deutsche Bundestag verabschiedete 2001 das Gesetz zur Errichtung einer »Stiftung Jüdisches Museum Berlin«, die seitdem als bundesunmittelbare Stiftung des öffentlichen Rechts geführt wird. Im September 2001 schließlich erfolgte die feierliche Eröffnung des Museums.

Porträtfoto von W. Michael Blumenthal

W. Michael Blumenthal, Gründungsdirektor unseres Museums (Foto 2006); Jüdisches Museum Berlin, Foto: Sönke Tollkühn

In Anerkennung seiner Arbeit in Berlin erhielt W. Michael Blumenthal 1999 das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und in New York die Leo Baeck-Medaille. Im Juni 2000 wurde er zum Ehrenbürger von Oranienburg ernannt, 2002 mit der Goethe-Medaille und dem Verdienstorden des Landes Berlin geehrt, seit 2015 ist er Ehrenbürger Berlins. Das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland wurde ihm im November 2006 verliehen. Im März 2008 erhielt er den »Ernst Cramer Award« des American Jewish Committee, im Oktober 2011 den Heinz-Galinski-Preis der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und im Mai 2014 die Auszeichnung des »Estrongo Nachama Preises für Toleranz und Zivilcourage«. W. Michael Blumenthal ist Inhaber zahlreicher Ehrendoktorate, unter anderem des Hebrew Union College – Jewish Institute of Religion New York und seit April 2012 der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg.

Über seine Tätigkeit als Gründungsdirektor unseres Museums hinaus ist er Mitglied im Advisory Board des American Jewish Committee (Berlin) und im International Rescue Committee (New York). Weiter gehört er dem Kuratorium der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas (Berlin) an, ist Mitglied im Council of Foreign Relations (New York) sowie im Century Club.

W. Michael Blumenthal lebt mit seiner Frau Barbara (geb. Bennett) in Princeton, New Jersey. Er hat mit ihr einen gemeinsamen Sohn sowie drei Töchter aus erster Ehe. Im Oktober 2010 erschienen im Propyläen-Verlag seine Memoiren In achtzig Jahren um die Welt. Mein Leben. Im Oktober 2011 wurden seine Gespräche mit dem Deutschlandfunk-Journalisten David Dambitsch über sein Lebenswerk im Hörbuch Auf den Einzelnen kommt es an bei Membran Music Ltd. veröffentlicht.

W. Michael Blumenthal vor seinem Porträt.

W. Michael Blumenthal bei den Feierlichkeiten zur Enthüllung seines von Michael Triegel gemalten Porträts in der Galerie der Ehrenbürger im Berliner Abgeordnetenhaus am 25. April 2017; Landesarchiv Berlin, Foto: Thomas Platow

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