»›Du bist bei Parfümören angekommen‹. Die Kosmetikfirmen Scherk und Dr. Albersheim«

Presseeinladung

Pressemitteilung von Mi, 18. Aug 2010

„Du bist bei Parfümören angekommen“, so wurde Fritz Scherk (1918–1995) bei seiner Geburt von der Familie enthusiastisch begrüßt. Er wuchs zwischen Parfüm und Puderdosen auf, sein Vater Ludwig führte in Berlin die Kosmetikfirma Scherk zur Blüte. Zur Familie gehörten auch die Albersheims, seit 1892 Besitzer einer Parfümerie in Frankfurt. Beide Unternehmen wurden nach „Arisierung“, Kriegszeit, Restitution und Wiederaufbau bis in die 1960er Jahre fortgeführt. Die Kabinettausstellung nimmt die Besucher mit auf eine Zeitreise durch die Geschichte der Familien Scherk und Albersheim und ihrer Firmen. Zu sehen sind neben Objekten zur Familiengeschichte auch zahlreiche Firmenprodukte.

Kontakt

Pressestelle
T +49 (0)30 259 93 419
presse@jmberlin.de

Postadresse

Stiftung Jüdisches Museum Berlin
Lindenstraße 9–14
10969 Berlin

Zur Eröffnung der Kabinettausstellung am 2. September laden wir Sie herzlich ein.

Es sprechen:

Leonore Maier, Kuratorin des Jüdischen Museums Berlin

Dr. Sabine Bohle-Heintzenberg, Leihgeberin und Sammlerin

Irene Scherk, Tochter des Firmeninhabers Fritz Scherk und Stifterin

Gerne vermitteln wir Ihnen Interviewtermine mit den Kuratorinnen. Für Fragen stehen außerdem Irene Scherk, die Tochter des Firmeninhabers Fritz Scherk, sowie die langjährige Scherk-Mitarbeiterin Regina Wenzel zur Verfügung.

Wann Eröffnung am Donnerstag, den 2. September 2010, 11 Uhr
Wo Altbau EG, Auditorium

Zur Ausstellung „Du bist bei Parfümören angekommen“

Die Kosmetikbranche, traditionell in Frankreich beheimatet, gewann während des Kaiserreichs auch in Deutschland an Bedeutung. Unter den erfolgreichen Unternehmern war Moritz Albersheim – er gründete 1892 die Frankfurter Parfümerie Dr. Albersheim – und der ehemalige Dr. Albersheim-Angestellte Ludwig Scherk, der in Berlin eine eigene Kosmetikfirma aufbaute. Die Ausstellung „Du bist bei Parfümören angekommen“ skizziert die Geschichte dieser beiden familiär miteinander verbundenen Unternehmen. In sieben Kapiteln erzählt sie nicht nur ein Stück Berliner und Frankfurter Unternehmensgeschichte, sondern zeichnet auch das Schicksal von zwei bürgerlichen deutsch-jüdischen Familien im 20. Jahrhundert nach – vom Kaiserreich bis in die „Wirtschaftswunderjahre“ der Bundesrepublik.

Im Zentrum der Ausstellung steht Fritz Scherk, der Sohn von Ludwig Scherk, der die Firma in der Nachkriegszeit wieder aufbaute. Seine Tochter, Irene Scherk, hat dem Jüdischen Museum Berlin den Nachlass ihres Vaters sowie historische Kosmetik-Produkte aus ihrer eigenen Sammlung geschenkt. Fotos, Dokumente und besonders die Tagebuchaufzeichnungen seiner Mutter Alice Scherk aus der Zeit zwischen den Kriegen zeugen vom Leben einer sehr säkular orientierten Familie, die wenig Wert auf religiöse Riten legte, dafür aber viel auf moralische Grundsätze hielt.

„Firmenblüte“ in den Zwanziger Jahren

Die Zwanziger Jahre waren die Blütezeit der Firmen Scherk und Dr. Albersheim. Die Frankfurter Firma eroberte den Markt mit Deutschlands erster Parfüm- und Kosmetiklinie mit einheitlichem Duft („Khasana“) und Ludwig Scherk baute ein Filialnetz auf, das sich bis ins Ausland erstreckte. Scherksche Produktschlager waren Gesichtswasser und Mystikum-Kompaktpuder. Für die Produktgestaltung der Kosmetikartikel wurden namhafte Designer wie F.H. Ehmcke herangezogen. Architekt der Scherk-Fabrik in Berlin war Fritz Höger, der Erbauer des Hamburger Chilehauses.

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten und die in den Jahren darauf erfolgende „Arisierung“ jüdischer Betriebe setzten der Erfolgsgeschichte ein Ende. Ludwig Scherk sah sich 1938 gezwungen, seine Firma weit unter Wert an die Schering AG zu verkaufen. Die Firma Dr. Albersheim wurde von Dr. Korthaus, einem ehemals leitenden Mitarbeiter des IG Farben Konzerns, übernommen. Die Wechsel der Logos und Labels auf den ausgestellten Produkten sind Zeugnis der Zerstörung des Lebenswerks der jüdischen Unternehmerfamilien. Ihre Angehörigen emigrierten nach England, Frankreich und in die USA.

„Scherk ist wieder da“: Wiedergutmachung und Nachkriegszeit

Fritz Scherk, der Haupterbe des verstorbenen Firmengründers, kehrte 1950 nach Deutschland zurück. Von Israel aus hatte er Wiedergutmachung beantragt und die Firma von Schering zurückgekauft. Den Neubeginn kündigte er in einem Brief an den Handel an: „Scherk ist wieder da“. Zeitungsberichte, Fotos zum Wiederaufbau und Wiedergutmachungsakten erzählen von dieser Zeit. Fritz Scherk führte bis zum Verkauf der Firma 1969 auch die familiäre Unternehmenskultur seines Vaters fort: Legendär waren die Feste und Betriebsfeiern der Firma Scherk, auf denen der Chef höchstpersönlich musizierte und selbstverfasste Gedichte vortrug.

Gestaltet hat die Ausstellung die Firma Kaiser Matthies Kommunikations- und Ausstellungsdesign, kuratiert wurde sie von Dr. Iris Blochel-Dittrich und Leonore Maier vom Jüdischen Museum Berlin.

Ausstellungsdauer 2. September 2010 bis 31. Januar 2011
Wo Libeskind-Bau UG, Rafael Roth Learning Center
Eintritt mit dem Museumsticket (5 €, erm. 2,50 Euro)

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