Bunte Fotocollage aus Kunstobjekten der Ausstellung.

Let’s Talk About Sex

Online-Feature zur Ausstellung Sex. Jüdische Positionen

Filme, Serien oder TV-Shows wie Unorthodox und Jewish Match­making erreichten in den ver­gangenen Jahren ein Millionen­publikum und lenkten die Aufmerksamkeit auf das Thema Juden­tum und Sexualität. Diese medialen Darstellungen prägen unsere Vorstellungen von jüdischer Sexualität, oft werden dabei statt aufzuklären aber vereinfachende Stereo­type bedient. 

Auch in der jüdischen Welt verändern sich Art und Umfang der öffentlichen Verhandlung sexueller Fragen. Die Ausstellung Sex. Jüdische Positionen bietet diesen neuen Stimmen zur Be­deutung von Sexualität im Judentum Raum – in der Ausstellung und online.

Bunte Fotocollage aus Kunstobjekten der Ausstellung.

Alle Angebote zur Ausstellung Sex. Jüdische Positionen

Über die Ausstellung
Sex. Jüdische Positionen – 17. Mai bis 6. Okt 2024
Begleitprogramm
Von Orthodox bis Queer. SEX – Jüdische Positionen im Film – 23. Jun 2024
JMB Buchclub: Lesen Sie mit! Das Lied der Lieder – 26. Jun 2024
JMB Buchclub: Lesen Sie mit! Portnoys Angst vorm Fliegen – 24. Jul 2024
Publikationen
Sex. Jüdische Positionen – Katalog zur Ausstellung, deutsche Ausgabe, 2024
Sex: Jewish Positions – Katalog zur Ausstellung, englische Ausgabe, 2024
Digitale Angebote
Letʼs Talk About Sex – Online-Feature zur Ausstellung
Was sagen die Künstler*innen? – Interviewreihe zur Ausstellung auf YouTube
Soundtrack zur Ausstellung – auf Spotify
Das Lied der Lieder. Von buchstäblicher und allegorischer Liebe – Essay von Ilana Pardes
„Sex ist eine Kraft“ – Interview mit Talli Rosenbaum
Androgyne Figuren in I.B. Singers literarischem Schtetl – Essay von Helena Lutz
Jewish Places – ausstellungsbezogene, jüdische Orte auf der interaktiven Karte
Führungen & Workshops
Öffentliche Führung – mit festen Terminen
Öffentliche Führung – mit festen Terminen, auf Englisch
Öffentliche Führung – mit festen Terminen, auf Hebräisch
Buchbare Führung – für Gruppen
Sex. Jüdische Positionen in der JMB-Bibliothek. Öffentliche Führung – 16. Jul 2024
Hey Du! Flirten ohne Sex­ismus – Workshop für Schul­klassen mit theater­pädagogischen Elementen
Pflicht und Vergnügen – Workshop für Erwachsene
Siehe auch
Jüdisches Film Festival Berlin | Brandenburg – Filmreihe zur Ausstellung

Was sagen die Künstler*innen?

In der Ausstellung spielen künstler­ische Positionen zur Bedeutung von Sexualität im Judentum eine wichtige Rolle. In unserer Interview­reihe kommen die Künstler*innen selbst zu Wort. Sie wird während der Laufzeit kontinuierlich um weitere Interviews ergänzt.

Geschlechter im Judentum

Der israelische Künstler Gil Yefman ist in der Ausstellung mit seinem Kunst­werk Tumtum vertreten und geht der Frage nach, welche Geschlechts­identitäten es im Judentum gibt:

 „Talmud und Mischna unterscheiden sechs beziehungs­weise sieben Geschlechts­kategorien: männlich, saris (in zwei Varianten), tumtum, androginos, aijlonit und weiblich.“ 

Tumtum bezeichne eine Person, deren Geschlechts­organe versteckt oder verdeckt seien, so Yefman, während bei einem Androgynos die Geschlechts­organe weder eindeutig männlich noch eindeutig weiblich seien. 

„Beide gelten als eigen­ständige Geschlechter, die sich zudem am eindeutigsten vom Männlichen und Weiblichen abgrenzen. Bis heute herrscht unter Gelehrten große Uneinigkeit darüber, wie man mit jenen umgehen sollte, die tumtum oder androginos sind.“ 

Ein großer Ball aus gehäkelten Körperteilen hängt von der Decke des Glashofs. Der Ball besteht aus rosa, lila, braunen und weißen gehäkelten Augen, Penissen, Brüsten und Knochen.

Tumtum von Gil Yefman im Glashof des Jüdischen Museums Berlin; Courtesy of the artist; Foto: Jens Ziehe; Produk­tion ermög­licht durch DIE FREUNDE DES JMB, mit freund­licher Unter­stützung von Asylum Arts at The Neighbor­hood und Artis – www.artis.art

Welche Bedeut­ung hat LGBTIQ* im Judentum?

Die Abkürzung scheint handlich, um verschiedene Formen des Begehrens, Gender­­konzepte und Lebens­­entwürfe unter einen Hut zu bekommen. In ihrem Beitrag dreht Debora Antmann, Mitarbeiterin des Jüdischen Museums Berlin, den Spieß um und nimmt jeden Buchstaben aus jüdischer Perspektive in den Blick. 

Zum Beitrag von Debora Antmann 

Was bedeutet LGBTIQ*?

LGBTIQ* (Abk. für Lesben, Schwule (Gay), Bi, Trans*, Inter* und Queer), fasst verschiedene Begehrensformen, Genderkonzepte und Lebensentwürfe zusammen, das Sternchen symbolisiert die Unvollständigkeit der Aufzählung

Mehr erfahren

Geschlecht und Sexualität

Nach jüdischem Rechts­verständnis spielt das Geschlecht für die Sexualität eine maßgebliche Rolle; die männliche und die weibliche Sexualität gelten als angeboren und deutlich voneinander unterschieden. Generell muss das sexuelle Begehren kontrolliert werden, doch werden an Männer und Frauen dies­bezüglich je sehr spezifische Pflichten und Erwartungen gestellt. 

Die rabbinischen Schriften, die sich immer an eine männliche Leser­schaft wenden, behandeln die weibliche Sexualität nur im Kontext der Pflichten des Ehe­manns gegenüber seiner Frau. Frauen wiederum werden auf das bio­logische Faktum ihres Menstruations­zyklus reduziert. Im Verhältnis der Geschlechter kommt Frauen vor allem die Verantwortung zu, Männer nicht in Versuchung zu führen.

Der weibliche Körper

Heute führen Künstler­innen wie Gabriella Boros, Nechama Golan und Hagit Molgan den Diskurs um die Sexualität und das Begehren der Frau fort, indem sie mit ihrem weiblichen Blick die vielen, von Männern entwickelten Rituale und Texte untersuchen, die den Frauen­körper über Jahrhunderte definiert und kontrolliert haben. 

Als Quelle für ihre künstlerischen Auseinander­setzungen dienen die halachischen Schriften, z.B. der Talmud. Hier werden systematisch Um­schreibungen für das weibliche Geschlechts­organ, die Vulva, verwendet. Die männliche Ambivalenz diesem wichtigen und doch unheimlichen Ort gegenüber, spiegeln die einzelnen Begriffe wider: Die Vulva wird als Ort, Atem oder Grab bezeichnet. Diese Bildergalerie zeigt Werke jüdischer Künstler­innen, in denen sie die Umschreibung des weiblichen Körpers im Talmud thematisieren. 

Erotik und das Göttliche

„Mit Küssen seines Mundes küsse er mich. Süßer als Wein ist deine Liebe.“

Mit diesen Worten beginnt das Schir ha-schirim, das Lied der Lieder. Sie setzen den Ton für das, was folgt. Innerhalb der hebräischen Bibel stellt das Lied eine Ausnahme dar, denn die Sammlung erotischer Liebes­gedichte enthält keine religiösen oder gesetzlichen Anweisungen. Gott kommt darin überhaupt nicht vor. 

Mit seiner offen­kundig erotischen Sprache feiert das Lied der Lieder die körperliche Lust – und doch gehört es zum biblischen Kanon und wird in den Synagogen jedes Jahr während Pessach vorgetragen.

Was ist
Schir ha-schirim?

Hebräisch für Lied der Lieder; wird auch als Hohelied Salomo bezeichnet; Sammlung erotischer Liebeslyrik in der Hebräischen Bibel, die jährlich zu Pessach in der Synagoge vorgetragen wird

Wie klingt das Lied der Lieder?

Schir ha-schirim wurde unzählige Male vertont – und auch sonst gibt es viel Musik von jüdischen Künstler*innen, auf Jiddisch, Hebräisch oder in anderen Sprachen der Welt, die sich mal mehr, mal weniger explizit um Sex drehen. Eine Auswahl finden Sie auf unserer Playlist zur Ausstellung.

Link zur Spotify-Playlist

Let’s Keep Talking About It

Welche Bücher, Filme und Serien drehen sich um Sex und Juden­tum? Wir haben eine erste Auswahl zusammen­gestellt. Was fehlt Ihrer Ansicht nach? Schreiben Sie uns. 

Buchtipps

Deutschsprachige Titel

  • Grjasnowa, Olga, Der Russe ist einer, der Birken liebt, Berlin 2012.
  • Jong, Erica, Angst vorm Fliegen, Berlin 2024.
  • Menasse, Robert, Don Juan de la Mancha oder Die Erziehung der Lust, Frankfurt 2007.
  • Pressler, Mirjam, Für Isabel war es Liebe, Weinheim, Basel 2002.
  • Roth, Philip, Portnoys Beschwerden, a. d. Eng. v. Werner Schmitz, Reinbek 2011.
  • Salzmann, Sasha Marianna, Außer sich, Berlin 2017.
  • Shalev, Zeruya, Liebesleben, a. d. Hebr. v. Mirjam Pressler, Berlin 2000.
  • Shalev, Zeruya, Mann und Frau, a. d. Hebr. v. Mirjam Pressler, Berlin 2001.
  • Shalev, Zeruya, Nicht ich, a. d. Hebr. v. Anne Birkenhauer, Berlin 2024.
  • Vowinckel, Dana, Gewässer im Ziplock, Berlin 2023.

Englischsprachige Titel

  • Aciman, André, Call Me By Your Name, New York 2007.
  • Alderman, Naomi, Disobedience, New York 2006.
  • Lamb, Sacha, When the Angels Left the Old Country, Hoboken 2022.
  • Levithan, David, Wide Awake, Toronto 2006.
  • Masad, Ilana, All My Mother’s Lovers, New York 2020.
  • Rosen, Roee, Sweet Sweat, Antwerpen 2009.
  • Singer, I.B., Enemies, A Love Story, London 2012.
  • Wallach, Yona., Wild Light: Selected Poems, New York 1997.

Hebräischsprachige Titel

  • Ben-Menachem, Rina, הדווקאים, Tel Aviv 2018 (1960).
Film- und Serientipps

Komödie

  • Shiva Baby, Regie: Emma Seligmann, USA/CA 2020, 77 Min
  • Kiss Me Kosher (Kiss Me Before It Blows Up), Regie: Shirel Peleg, DE/IL 2020, 106 Min 
  • Amy’s O, Regie: Julie Davis, USA 2001, 87 Min 
  • Kissing Jessica Stein, Regie: Charles Herman-Wurmfeld, USA 2001, 97 Min 
  • American Pie, Regie: Paul Weitz, USA 1999, 95 Min 
  • Torch Song Trilogy (Das Kuckucksei), Regie: Paul Bogart, USA 1988, 119 Min 
  • Eskimo Limon (Eis am Stiel), Regie: Boaz Davidson, Israel 1978, 92 Min 
  • Everything You Always Wanted to Know About Sex* (*But Were Afraid to Ask) (Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten), Regie: Woody Allen, USA 1972, 85 Min 
  • Funny Girl, Regie: William Wyler, USA 1968, 149 Min 
  • The Graduate (Die Reifeprüfung), Regie: Mike Nichols, USA 1967, 106 Min

Drama

  • Make Me A King, Regie: Sofia Olins, UK 2021, 16 Min 
  • Tahara, Regie: Olivia Peace, USA 2020, 77 Min 
  • Fig Tree, Regie: Alamork Davidian, ET/FR/DE/IL 2018, 93 Min 
  • Disobedience (Ungehorsam), Regie: Sebastián Lelio, USA/GB 2017, 114 Min 
  • Einayim Pekukhoth (Du sollst nicht lieben), Regie: Haim Tabakman, IL/DE/FR 2009, 91 Min 
  • The Bubble, Regie: Eytan Fox, IL 2006, 117 Min 
  • Yossi & Jagger, Regie: Eytan Fox, IL 2002, 65 Min 
  • Aimée & Jaguar, Regie: Max Färberböck, DE 1999, 121 Min 
  • Kadosh, Regie: Amos Gitai, IL/FR 1999, 116 Min 
  • Eyes Wide Shut, Regie: Stanley Kubrick, GB/USA 1999, 159 Min 
  • The Governess, Regie: Sandra Goldbacher, GB 1998, 114 Min 
  • Antonias Welt, Regie: Marleen Gorris, NL/BE/GB 1995, 96 Min 
  • Yentl, Regie: Barbra Streisand, USA 1983, 134 Min 
  • Fiddler on the Roof, Regie: Norman Jewison, USA 1971, 181 Min 
  • Sunday Bloody Sunday, Regie: John Schlesinger, GB 1971, 110 Min 
  • The Boys in the Band, (Die Harten und die Zarten), Regie: William Friedkin, USA 1970, 120 Min 
  • Salomé, Regie: J. Gordon Edwards, USA 1918, 80 Min 
  • Cleopatra, Regie: J. Gordon Edwards, USA 1917, 125 Min

Dokumentarfilm

  • Mini DV, Regie: Shauly Melamed, USA 2022, 77 Min 
  • Jude, Regie: Helen Benigson, UK 2020, 25 Min 
  • Who’s Gonna Love Me Now?, Regie: Tomer Heymann/Barak Heymann, IL/GB 2016, 84 Min
  • Trembling Before G-d, Regie: Sandi Simcha DuBowski, USA 2001, 84 Min 
  • TREYF, Regie: Alisa Lebow/Cynthia Madansky, USA 1998, 55 Min

Serie

  • Kulüp (Der Club), Regie: Seren Yüce/Zeynep Günay Tan, TR 2021-heute, 2 Staffeln 
  • The Beauty Queen of Jerusalem, Regie: Oded Davidoff, IL 2021-2023, 2 Staffeln 
  • Transparent, Regie: Joey Soloway, USA 2014-2019, 5 Staffeln

Teilen, Newsletter, Kontakt