JMB startet digitale Veranstaltungsreihe mit Ofer Waldman zu jüdischen Intellektuellen
Pressemitteilung von Di, 13. Mai 2025
Am 22. Mai 2025 startet das Jüdische Museum Berlin (JMB) eine fünfteilige, digitale Veranstaltungsreihe: die Digital Lecture Series Déjà-vu? Neue Suche nach alten Antworten. Darin setzten sich der Journalist und Autor Ofer Waldman und je ein*e jüdische*r Prominente*r mit dem Denken ausgewählter jüdischer Intellektueller des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts und ihrer aktuellen Relevanz auseinander. Jede Veranstaltung beginnt mit einem Vortrag der eingeladenen Persönlichkeit, an den ein Gespräch mit Ofer Waldman anschließt. Danach hat das Publikum die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Einige der Vorträge und Gespräche werden auf Deutsch, einige auf Englisch stattfinden.
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Hetty Berg, Direktorin des JMB: „In der Reihe geht es darum, welche heute vergessenen Antworten herausragende jüdische Denker*innen des 20. Jahrhunderts auf die aktuellen Herausforderungen jüdischer Existenz in Deutschland geben können. Zu welchen historischen Texten kehren zeitgenössische Intellektuelle zurück, um Antworten auf drängende Fragen der Gegenwart zu finden? Und wie lesen sie die von ihnen gewählten Texte? In den Gesprächen werden Brücken zu gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen geschlagen. Es kann beispielsweise um die Frage gehen, wie gesellschaftliche Machtstrukturen und ideologische Mechanismen unser Denken prägen.“
Der Autor und Publizist Dr. Ofer Waldman, 1979 in Jerusalem geboren, ist 2021 mit dem Deutschen Hörspielpreis der ARD ausgezeichnet worden. Sein literarisches Debüt Singularkollektiv. Erzählungen erschien 2023 im Wallstein Verlag, 2024 folgte im Suhrkamp Verlag unter dem Titel Gleichzeit ein Briefwechsel mit Sasha Marianna Salzmann über die Welt nach dem 7. Oktober 2023.
Wir danken der Berthold Leibinger Stiftung für ihre Unterstützung der Digital Lecture Series.
22. Mai 2025, 19 Uhr, Online-Lecture und Gespräch mit Delphine Horvilleur über Gershom Scholem (auf Englisch)
In der ersten Lecture sprechen Delphine Horvilleur und Ofer Waldman über den Religionshistoriker Gershom Scholem (1897–1982). 1926, drei Jahre nach seiner Auswanderung nach Palästina (Jerusalem), schrieb Scholem einen Brief an Franz Rosenzweig betitelt mit „Bekenntnis über unsere Sprache“. Darin bringt Scholem die Wandlung des Hebräischen von der heiligen Sprache zu einer alltäglichen Umgangssprache, wie er sie in Jerusalem hörte, mit einer Vorstellung apokalyptischer Bedrohung in Verbindung. Der Brief liest sich heute überraschend aktuell.
Delphine Horvilleur, geboren 1974 in Nancy, Frankreich, ist eine der Rabbinerinnen des Judaïsme En Mouvement, der liberalen jüdischen Bewegung Frankreichs in Paris, und arbeitet als Schriftstellerin. Auf Deutsch erschienen sind u.a. Überlegungen zur Frage des Antisemitismus (2020), Mit den Toten leben (2022) und Wie geht’s? Miteinander sprechen nach dem 7. Oktober (2024).
12. Jun 2025, 19 Uhr, Online-Lecture und Gespräch mit Moshe Sakal über Magnus Hirschfeld (auf Englisch)
In der zweiten Lecture sprechen Moshe Sakal und Ofer Waldman über Magnus Hirschfeld (1868–1935). Dabei steht Hirschfeld als jüdischer Intellektueller, Migrant und schwuler Mann in Berlin und im französischen Exil im Mittelpunkt, der verändern wollte, wie bestimmte Gruppen gesellschaftlich wahrgenommen werden, für die Anerkennung des Anderen gekämpft hat und schließlich selbst verfolgt und ins Exil getrieben, wo er nur zwei Jahre später starb. Moshe Sakal denkt im Gespräch mit Ofer Waldman darüber nach, wie Hirschfelds Ideen das heutige Verständnis von sexueller und jüdischer Identität beeinflusst haben.
Moshe Sakal, geboren 1976 in Tel Aviv, lebt seit 2019 in Berlin. Er ist Autor von sechs Romanen und Mitbegründer des Berliner Verlags Altneuland Press. Seine Texte erscheinen u. a. in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und wurden in mehrere Sprachen übersetzt.
18. Sep 2025, 19 Uhr, Online-Lecture und Gespräch mit Yael Kupferberg über Max Horkheimer (auf Deutsch)
In der dritten Lecture sprechen Yael Kupferberg und Ofer Waldman über Max Horkheimer (1895–1973) und die Kritische Theorie als jüdische Philosophie. Max Horkheimer, der Philosoph und Begründer der sogenannten Frankfurter Schule, hat nicht nur über die menschliche Existenz nachgedacht, sondern jüdische Philosophie nach Auschwitz weitergeschrieben: Es ging ihm darum, das Judentum philosophisch zu retten, ohne es zu universalisieren, das diasporische Judentum zu verteidigen, ohne darauf zu verzichten, den Staat Israel zu bejahen. Die Spannung zwischen philosophisch-jüdischem Universalismus und pragmatisch-existentieller Partikularität ist bis heute für die jüdische Existenz prägend, und Horkheimers Gedanken – insbesondere zu Antisemitismus – erscheinen so aktuell wie je.
Dr. Yael Kupferberg, geboren 1978 in Berlin, ist habilitierte Literaturwissenschaftlerin und vertritt derzeit die Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie, Goethe-Universität Frankfurt am Main; von Oktober 2018 bis September 2024 war sie in unterschiedlichen Positionen am Zentrum für Antisemitismusforschung/TU Berlin tätig. Ihre Monografie Zum Bilderverbot. Studien zum Judentum im späten Werk Max Horkheimers erschien 2022 im Wallstein Verlag.
16. Okt 2025, 19 Uhr, Online-Lecture und Gespräch mit Eva Illouz über Jean Améry (auf Englisch)
In der vierten Lecture spricht Ofer Waldman mit der französisch-israelischen Soziologin Eva Illouz über den 1912 in Wien geborenen Schriftsteller Jean Améry. Seine Essays Mein Judentum (1978), Grenzen der Solidarität (1977) sowie jene über den neuen Antisemitismus aus den Jahren 1969–1976 wurden 2024 sowohl in deutscher als auch in französischer Sprache neu herausgegeben. Améry beschreibt dort luzide seine existentielle Bindung zu Israel. Dabei geht der ehemalige Résistance-Kämpfer, KZ-Häftling und Auschwitz-Überlebende auch darauf ein, wie ihn der linke Antizionismus als „ehrbarer Antisemitismus“ von der neuen Linken trennt.
Ausgehend von ihrem Vorwort für die französische Neuauflage diskutiert Eva Illouz anhand von Amérys Analysen das Spannungsfeld gegenwärtiger jüdischer Existenz, für die weder Zionismus, noch die politische Linke oder Rechte als Orientierung, Ausweg oder Trost dienen könne. An Améry zeige sich, so Illouz, ein „verwaistes“ jüdisches Bewusstsein.
Die Informationen zur fünften Lecture werden zeitnah auf der JMB-Website veröffentlicht.
Aktuelle Informationen zur Digital Lecture Series finden Sie unter
https://www.jmberlin.de/deja-vu.
Bildmaterial für die Berichterstattung unter Beachtung des Bildnachweises

Verschiedene Termine Mai bis Oktober 2025
Digital Lecture Series – Déjà-vu? Neue Suche nach alten Antworten
Ofer Waldman, Foto: Bernd Brundert
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Di, 20. Mai 2025, 19 Uhr
Joshua Cohen im Gespräch zu Inventuren: Salman Schockens Vermächtnis
Joshua Cohen; Foto: Marion Ettlinger
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Do, 12. Jun 2025
Digital Lecture Series – Déjà-vu? Neue Suche nach alten Antworten
Online-Lecture und Gespräch mit Ofer Waldman und Moshe Sakal (auf Englisch)
Moshe Sakal, Foto: Shai Levy
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