All diese Papiere

Objekttag Berlin: Ella Nilova

„Zeigen Sie uns Ihre Geschichte!“ – dieser Einladung folgen seit 2017 Jüdinnen*Juden, die uns für das Projekt Objekttage ihre Migrations­geschichte erzählen.

Frau mit zahlreichen Urkunden in den Händen

Ella Nilova, geboren 1962 in Zhitomir, UdSSR, heute Ukraine.
Seit 1998 in Deutschland.
Leiterin des Janusz-Korczak-Hauses Berlin.
Jüdisches Museum Berlin, Foto: Stephan Pramme

Ich habe diese Ehrenurkunde: „Ella Nilova - Vorsitzende des Gruppenrates, Gruppe 2“. Das war im Pionierlager Sokol. Und eine aus Schulzeiten: „Für besondere Erfolge beim Erlernen der englischen Sprache“. Ich war sehr aktiv, ich habe viele Auszeichnungen und Urkunden dieser Art. Wenn ich diese Sachen durchstöbere, frage ich mich jedes Mal, ob ich all diese Papiere behalten oder wegwerfen soll. Noch behalte ich sie. Meine Kinder interessieren sich wenig dafür.

Es gibt auch viele Fotos von mir, von unserer Familie und unserem Leben in Saporoschje. Und da kam mir der Gedanke: Ich habe dort 18 Jahre meines Erwachsenenlebens verbracht. Ich heiratete mit 18, das heißt, ich kam direkt aus der Kindheit ins Erwachsenenleben. In ein Familienleben. 18 Jahre lang lebte ich dort mein Eheleben, und in diesem gab es alles: Familie, Studium, Arbeit. Hier bin ich nun auch schon seit 18 Jahren. Ich schaue mir jene Fotos an und merke, wie ereignisreich, wie erfüllt mein Leben zuhause in der Ukraine war. Und nun die 18 Jahre, die ich in Deutschland verbracht habe: Hektik und Leere, irgendwie. Ich kann nicht sagen, dass ich nichts tue oder nichts zu tun habe. Ich mache ständig etwas. Ich habe das meiner Tochter Lena erzählt. Sie sagte: „Mama, mir geht es genauso. Hier ist alles wie im Nebel. Das Interessante, das Bunte ist dort geblieben.“

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