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Von Deutschland nach Bolivien: ein patentierter Zählstempelhammer und sein Erfinder

Objekt im Fokus

Dieser Stempelhammer mit automatischem Zählwerk ist eine Erfindung des Kürschners Gustav Maletzki (1884–1947) aus Leipzig. Die Schlagfläche des Hammers ist mit Dornennägeln ausgestattet und drückt ein Stempelzeichen auf die Innenseite von Pelzen. Über eine Gelenkstange wird jeder Aufschlag an das mechanische Zählwerk weitergegeben. So lässt sich die Anzahl der gestempelten und an die Gerberei gelieferten Rohpelze einfach ablesen.

Stempelhammer mit automatischem Zählwerk

Zählstempelhammer für Rohpelze, 1930-1938; Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Alfred Malecki, Foto: Jens Ziehe

Wanderjahre

Der um 1930 gefertigte Stempelhammer ist nur eine von Maletzkis patentierten Erfindungen, für die er mehrfach Auszeichnungen erhielt. Schon sein Vater war Kürschner gewesen und 1895 mit seiner Familie aus dem polnischen Sieradz nach Leipzig gekommen. Die Messestadt war seit Jahrhunderten als ein internationales Zentrum des Pelzhandels bekannt, in dem viele Jüdinnen*Juden tätig waren. Gustav Maletzki verbrachte seine Lehr- und Wanderjahre in Berlin, Brüssel, Paris und New York.

Kürschner*in

Ein*e Kürschner*in ist ein*e Handwerker*in, die*der Tierfelle zu Pelzbekleidung und anderen Pelzprodukten verarbeitet.
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Rückkehr nach Leipzig

Als Modekürschner nach Leipzig zurückgekehrt, gründete Gustav Maletzki dort um 1910 seine eigene Firma. Durch innovative Methoden der Fellveredelung entwickelte sich das Geschäft zu einem erfolgreichen Unternehmen, das Pelzprodukte in viele Länder Europas exportierte. Auch in der Zeit der NS-Herrschaft meldete der Firmeninhaber noch mehrere Patente und Gebrauchsmuster für die Fellverarbeitung an.

Flucht nach Bolivien

Als die deutsche Regierung im Herbst 1938 die Abschiebung aller Jüdinnen*Juden mit polnischer Staatsangehörigkeit anordnete, drohte der Familie Maletzki die gewaltsame Vertreibung. Unter Aufgabe der Firma flüchtete die Familie im Oktober 1938 nach Bolivien. Dort war Gustav Maletzki bis zu seinem Tod 1947 wieder als Modekürschner tätig.

Titel Zählstempelhammer von Gustav Maletzki
Sammlungsgebiet Alltagskultur
Ort und Datierung Leipzig (?) 1930er Jahre
Material Holz, Metall
Maße 37 x 11,5 x 6,5 cm
Erwerb Schenkung von Alfred Malecki

„Polenaktion“

„Polenaktion“ bezeichnet die Ende Oktober 1938 kurzfristig durchgeführte Abschiebung von bis zu 17.000 jüdischen Pol*innen aus dem Deutschen Reich. Die Ausweisung erfolgte gewaltsam und kam für die Betroffenen völlig überraschend. Herschel Grynszpan, dessen Eltern betroffen waren, schoss deswegen am 7. November in Paris auf den deutschen Botschaftsmitarbeiter Ernst vom Rath, der am 9. November starb. Die Nationalsozialist*innen nahmen dies zum Anlass, in der folgenden Nacht die Novemberpogrome 1938 auszulösen.
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Ausgewählte Objekte: Sammlung Jüdisches Objekt: Alltagskultur (10)

  • Sammlung Jüdisches Objekt: Alltagskultur

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    Memmelsdorfer Genisa

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  • Modell eines Schiffs.

    Modell des Frachtdampfers „Max“

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  • Foto von drei Orden auf einem Samtkissen.

    Max Hallers Ordenssammlung

    Max Haller kämpfte im Ersten Weltkrieg in der Kaiserlichen Marine. Als er beim Aprilboykott 1933 von SA-Männern bedroht wurde, legte er demonstrativ das Samtkissen mit seinen militärischen Auszeichnungen ins Schaufenster

  • Dunkelbrauner Schlüssel aus Pappe mit einem zusammengerollten Zettel im Inneren

    Pappschlüssel zur Hochzeit des Ehepaars Korant

    Ein ungewöhnliches Präsent erhielten Margarete Abt und Georg Korant zu ihrer Hochzeit am 4. Oktober 1903 in Breslau: Der dunkelbraune Schlüssel ist aus Pappe gefertigt und lässt sich öffnen

  • Ein blaues Schild mit Text.

    Praxisschilder von Dr. Oscar Hirschberg

    Insgesamt sieben Praxisschilder von Dr. Oscar Hirschberg dokumentieren nicht nur seinen beruflichen Werdegang als praktischer Arzt, sondern auch politische Veränderungen und antisemitische Ausgrenzung während des Nationalsozialismus

  • Börse aus braunem Leder und 31 ausgebreitete Schlüssel.

    31 Schlüssel der Familie Sommerfeld

    31 Schlüssel sind alles, was vom Emigrationsgepäck der Berliner Familie Sommerfeld übrig blieb. Erst im letzten Moment war ihre Ausreise nach England geglückt – unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs

  • Bronzestatue eines Ruderers.

    Wanderpreis vom Jüdischen Ruderclub Oberspree

    Wer innerhalb eines Jahres die meisten Wasserkilometer zurückgelegt hatte, erhielt im Jüdischen Ruderclub Oberspree einen Wanderpreis als Auszeichnung. Fred Eisenberg gewann den Preis in drei aufeinanderfolgenden Jahren

  • Ein Hammer mit Zählstempel.

    Zählstempelhammer von Gustav Maletzki

    Der um 1930 gefertigte Stempelhammer ist nur eine der patentierten Erfindungen, für die der Modekürschner mehrfach Auszeichnungen erhielt. 1938 musst Gustav Maletzki aus Deutschland fliehen und nahm den Hammer mit ins Exil nach Bolivien

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