
Widerstände
Jüdische Designerinnen der Moderne auf einen Blick
Sie prägten die Modernisierung der deutschen Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts – heute sind die meisten von ihnen unbekannt: Jüdische Designerinnen. Hier werden 63 Kunsthandwerkerinnen sichtbar. Hinter jedem Bild finden Sie Informationen über Leben und Werk einer Frau.
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Ahlfeld-Heymann, Marianne
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Albers, Annie
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Aronsohn, Paula
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Baer-Freyer, Käte
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Baruch, Franziska
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Batzdorff, Lotte
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Berli-Joel, Esther
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Bloch, Alice
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Brodsky, Nina
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Bruck, Franziska
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Bud, Charlotte Recha
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Cohen, Livia
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Cohen-Silberschmidt, Elsbeth
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Dehmel, Ida
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Dicker, Friedl
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Dodo
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Edelstein, Grete
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Eisner, Rose
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Engel Hecker, Lea
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Frank, Elly
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Freudenthal, Rosa
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Friedländer, Elisabeth
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Friedlaender, Marguerite
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Friedlaender, Regina
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Dessau-Goitein, Emma
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Grossmann, Hedwig
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Guermonprez Jalowetz, Trude
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Heymann-Loebenstein, Margarete
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Hirsch, Elli
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Kuttner, Dorothea
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Leon, Rose
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Levy, Elisabet Alexandra
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Litten, Hanna
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Luiko, Maria
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Marbach, Johanna
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Meyerhof, Agnes
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Nathan, Steffie
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Neu, Trude
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Neumann, Alice
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Oppler-Legband, Else
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Pritzel, Lotte
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Rosenblüth, Anni
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Roth, Emmy
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Saltern, Irene
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Samuel, Edith
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Samuel, Eva
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Sandler, Adele
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Sandmann, Gertrude
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Schlopsnies, Franziska
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Schwarz, Paula
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Seidmann-Freud, Tom
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Sinasohn, Rahel Ruth
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Spanier, Käte
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Stern, Hanna E.
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Straus, Paula
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Szalit, Rahel
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Szkolny, Lilli
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Tomalin, Elisabeth
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Trietsch, Emma
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Turgel, Pia
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Westheim, Jenny
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Wolff, Käte
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Ahlfeld-Heymann, Marianne
7. Feb 1905, Köln–26. Jun 2003, Haifa, Israel
geb. Marianne Heymann
Spitzname: Janni
Ausbildung: Kunstgewerbeschule in Köln, Staatliches Bauhaus in Weimar
Holzbildhauerin, Kostümdesignerin, Bühnenbildnerin, Maskenschnitzerin, Marionettenbauerin
Marianne Ahlfeld-Heymanns Leidenschaft für das Arbeiten mit Holz zeigt sich in ihren Masken, Handpuppen und ihrem geschnitzten Spielzeug. Sie nutzt ihr Talent auch, um sich – was ihr besonders am Herzen liegt – sozial zu engagieren, und sie gestaltet über hundert Figuren für den Puppenspieler Jupp Herzog, der in Krankenhäusern und Gefängnissen auftritt. Ahlfeld-Heymann überlebt den Krieg im Versteck in Frankreich, emigriert 1949 mit ihrem Mann und ihren Kindern nach Haifa und widmet sich dort vor allem der Fertigung von Holzmasken.
Albers, Annie
12. Jun 1899, Berlin–9. Mai 19943, Orange, USA
geb. Anneliese Else Frida Fleischmann
Ausbildung: Staatliches Bauhaus in Weimar
Textilkünstlerin, Weberin, Malerin, Druckgrafikerin, Kunsttheoretikerin, Dozentin
Anni Albers gilt mit ihren abstrakten Webarbeiten als einflussreichste Textilkünstlerin des 20. Jahrhundert. Zeit ihres Lebens experimentiert sie mit Stoffen und Materialien. Geflüchtet in die USA, wird Anni Albers 1949 als erster Textilkünstlerin im MoMA eine Einzelausstellung gewidmet. 1965 erschafft sie im Auftrag des Jewish Museum in New York den Wandteppich „Six Prayers“, dessen sechs Panele an die sechs Millionen in Europa ermordeten Jüd*innen erinnern.
Aronsohn, Paula
27. Nov 1908, Hamburg–9. Okt 1998, Tel Aviv, Israel
geb. Paula Sealtiel
nach der Migration: פאולה אהרונסון
Ausbildung: Staatliche Kunstgewerbeschule in Hamburg, Kreamikwerkstatt von Douglas Hill in Berlin
Kunstschule Burg Giebichenstein in Halle
Keramikerin, Dozentin
Textilkünstlerin, Weberin, Malerin, Druckgrafikerin, Kunsttheoretikerin, Dozentin
Paula Aronsohn stammt aus einer alteingesessenen sephardischen Familie in Hamburg. Ihre Alltagskeramiken waren grundlegend von den Lehren des Bauhaus bestimmt. Nach ihrer Emigration ins britische Mandatsgebiet Palästina gründet sie zusammen mit Eva Samuel die Werkstatt „Krug und Becher” und bringt die schlichten und funktionalen Keramikformen in die Region. Von 1960 bis 1971 lehrt Paula Aronsohn an der Mittelschule der WIZO (Women’s International Zionist Organisation) Keramik.
Baer-Freyer, Käte
27. Mai 1885, Stettin–29. Jul 1988, Kibbuz Kabri, Israel
geb. Käte Freyer
Ausbildung: Großherzoglich-Sächsische Kunstgewerbeschule Weimar
Kunsthandwerkerin, Theaterpuppenmacherin, Puppenspielerin, Dozentin
Käte Baer-Freyer wird in Deutschland mit ihren biblischen Puppenspielen bekannt. Zu den Geschichten, von ihrem Mann Albert Baer in Reimform verfasst, fertigt sie handgesägte, bewegliche Holzfiguren. 1933 wandert das Paar ins britische Mandatsgebiet Palästina aus, mit ihnen kommen die Puppen und Theaterstücke, die ins Hebräische übersetzt und aufgeführt werden.

Baruch, Franziska
21. Nov 1901, Hamburg–3. Sep 1989, Jerusalem, Israel
Ausbildung: Großherzoglich-Sächsische Kunstgewerbeschule Weimar
Kunsthandwerkerin, Theaterpuppenmacherin, Puppenspielerin, Dozentin
Franziska Baruch gestaltet im Auftrag des Reichskunstwarts der Weimarer Republik Symbole, Orden und Ehrenrollen für das Deutsche Reich. Baruchs Auseinandersetzung mit der Hebräischen Schrift beginnt noch während ihres Studiums. Ihre in Deutschland entwickelte Schrift „Stam“ wird später in Israel vielfach verwendet. 1933 emigriert Baruch ins britische Mandatsgebiet Palästina und entwirft für die Tageszeitung Ha'aretz den heute noch genutzten Titel-Schriftzug. Sie gestaltet das Emblem des neu gegründeten Staates und den bis in die 1980er-Jahre verwendeten Einband des israelischen Passes mit, das Wappen Jerusalems und die Embleme vieler anderer Institutionen.

Batzdorff, Lotte
5. Jul 1894, Breslau–7. Aug 1957, USA
geb. Charlotte Maria Ollendorff
Sängerin, Filzkünstlerin
In Lotte Batzdorffs Heiratsurkunde ist ihr Beruf mit „Sängerin“ angegeben. Nach der Flucht mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in die USA trägt sie in Heimarbeit mit dem Herstellen von Filzblumen und Puppen zum Familieneinkommen bei.

Berli-Joel, Esther
2. Mai 1895, Hamburg–7. Mär 1972, Haifa, Israel
geb. Else Joel, verh. Else Berlin
nach der Alija nach Eretz Israel: Esther Berlin, nach der Scheidung: Esther Berlin-Joel
אסתר ברלי-יואל (Esther Berli-Joel, auch Esther Barli-Joel)
Ausbildung: Hochschule für Bildende Künste Hamburg, Akademie der Künste Berlin
Grafikerin, bildende Künstlerin
Die bekennende Zionistin lebt bereits seit 1925 mit ihrer Familie in britischen Mandatsgebiet Palästina. In Tel Aviv gestaltet die Künstlerin und Grafikerin Plakate, Broschüren und Logos für verschiedene bedeutende Organisationen wie den Jüdischen Nationalfonds und Palestine Maritime Lloyd Ltd. Esther Berli-Joel entwirft die noch heute gebräuchlichen Wappen der Städte Haifa und Holon.

Bloch, Alice
15. Feb 1913, Saarbrücken–26. Jul 2005, Zürich, Schweiz
Ausbildung: Staatliche Schule für Kunst und Kunstgewerbe in Saarbrücken, Kunstgewerbeschule in Zürich
Gold- und Silberschmiedin
Der hochtalentierten Gold- und Silberschmiedin Alice Bloch wird der Schritt zur Meisterin von den Nazis verwehrt. Die Familie flüchtet in die Schweiz, wo ihre Leistungen nicht anerkannt werden. Erst ab 1947 kann sie mit ihren Arbeiten ihr Auskommen sichern. 1949 entwirft sie die Inneneinrichtung der Synagoge ihrer Geburtsstadt Saarbrücken, eines der ersten wiedererrichteten jüdischen Gotteshäuser in Deutschland nach der Schoa. Heute finden sich vor allem auf dem Gebiet der Schweiz Ritualgegenstände aus ihrer Hand.

Brodsky, Nina
13. Jun 1892, Kiew–28. Jul 1979, Paris, Frankreich
geb. Nina Aleksandrovna Brodskaya
Нина (Анна-Ревекка) Бродская
Ausbildung: Malerei und Grafik bei Hermann Struck in Berlin, weitere Ausbildungsstationen in Moskau, Sankt Petersburg und Weimar
Grafikerin, Bühnen- und Kostümbildnerin, Lyrikerin
Nach der russischen Revolution flieht Nina Brodsky mit ihrer Familie nach Berlin. Sie arbeitet am russischen Emigranten-Kabarett „Blauer Vogel“. Hier tritt zum ersten Mal ihre außergewöhnliche Begabung für Bühnenbild und Kostüm hervor. Als Gebrauchsgrafikerin ist sie für den Jüdischen Verlag in Berlin und für verschiedene Auftraggeber tätig. Den Krieg überlebt sie bei Verwandten in der Schweiz; später geht sie nach Paris.

Bruck, Franziska
29. Dez 1866, Ratibor, Schlesien–2. Jan 1942, Berlin
Blumenkünstlerin, Unternehmerin, Schulgründerin, Autorin
Die „Blumendichterin“ Franziska Bruck revolutioniert das deutsche Blumenbinde-Handwerk und macht es zur Kunst. Beeinflusst vom japanischen Ikebana-Stil, gründet sie 1912 ihre Schule für Blumenschmuck in Berlin-Charlottenburg. In ihrer Kunstform verwendet Bruck Blumen in ihrer natürlichen Form ohne Draht und bietet neue Ausbildungswege für Frauen an. Unter den Nazis begeht Franziska Bruck – verarmt, ohne Familie und vor der drohenden Deportation – Selbstmord.

Bud, Charlotte Recha
26. Mär 1899, Berlin–1981, Frankreich
Ausbildung: Staatliche Kunstgewerbeschule in Berlin
Illustratorin, Keramikerin, Gebrauchsgrafikerin, Malerin
Buds Arbeiten zeigen handwerkliches Geschick in unterschiedlichsten Gattungen und Kontexten. Sie illustriert Märchen der Gebrüder Grimm, entwirft einen Chanukka-Leuchter aus Ton, gestaltet aber auch Plakate und zahlreiche kleinere Grafiken. 1934 zieht sie nach ihrer Heirat mit dem nichtjüdischen französischen Künstler Edmund Victor Jamois nach Frankreich und konzentriert sich auf die Malerei.
Cohen, Livia
17. Okt 1872, Berlin–13. Nov 1957, Berlin
geb. Livia Philippine Charlotte Cohen
verh. Livia Kratz
Ausbildung: Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbe-Museums in Berlin
Kunststickerin
Livia Cohen studiert von 1889 und 1891 und schließt ihre Studien in den Fächern Kunststickerei und Ornamentzeichnen ab. Nur wenige ihrer Arbeiten, darunter eine bestickte Mappe, sind aus dieser Zeit erhalten. Ihre Ehe mit dem nichtjüdischen Maler und Grafiker Alfred Kratz bewahrt sie vor der Deportation. Das kinderlose Ehepaar lebt auch nach dem Krieg mit wenig Einkommen in Berlin.

Cohen-Silberschmidt, Elsbeth
20. Feb 1921, Burgsteinfurt–10. Jan 1993 in Naharija, Israel
geb. Elsbeth Cohen
verh. Elsbeth Cohen-Silberschmidt (verwitwet), verh. Elsbeth Goldstein
Cohen-Silberschmidt erlernt die Keramikmalerei erst, nachdem sie 1937 mit ihrer Familie ins britische Mandatsgebiet Palästina ausgewandert war. Ab 1950 arbeitet sie in der Abteilung Kunstkeramik bei Lapid Ceramics, gegründet 1943, in Tel Aviv-Jaffa und wird künstlerische Leiterin. Hier entwirft sie nicht nur die Formen der Objekte, sondern auch dekorative Oberflächenmuster. Ihre modernen Keramikdesigns waren stark von westdeutschen und skandinavischen Formen beeinflusst; viele der erschwinglichen und gut gestalteten Alltagsutensilien und Tafelservice wurden zu festen Bestandteilen israelischer Haushalte.

Dehmel, Ida
14. Jan 1870, Bingen am Rhein–29. Sep 1942, Hamburg, Deutschland
geb. Ida Coblenz
verh. Ida Auerbach
verh. Ida Dehmel
Kunstförderin, Gründerin künstlerischer Vereinigungen, Frauenrechtlerin, Perlenstickerin
Ida Dehmel, die aus einer konservativen jüdischen Winzerfamilie am Rhein stammt, liebt moderne Reformkleider und auffallenden Schmuck. Sie fördert Künstlerinnen, streitet in Verbänden für das Wahlrecht für Frauen und gründet den Künstlerinnenverband GEDOK. Mit ihrer Werkstatt für Perlenstickerei im Hamburg-Blankenese erzielt sie ein Einkommen und beschäftigt dort Frauen. Ab 1933 werden ihre Möglichkeiten massiv eingeschränkt. 1942 begeht sie Selbstmord.

Dicker, Friedl
30. Jul 1898, Wien–9. Okt 1944, Auschwitz-Birkenau
geb. Friederike Dicker
verh. Friederike Dicker-Brandeis
Ausbildung: Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien (Fotografie und Reproduktionstechnik), Kunstgewerbeschule Wien (Textil und Ornamentale Formenlehre), Schülerin in Johannes Ittens privater Kunstschule in Wien, Staatliches Bauhaus Weimar
Malerin, Designerin, Innenarchitektin, Kunsthandwerkerin, Kunstpädagogin
Das außergewöhnliche Talent der Künstlerin Friedl Dicker zeigt sich in ihrer Vielseitigkeit. Zu ihren Werken gehören Plakate, Skulpturen, Schmuck, Kostüme und Bühnenbilder. Von den Nationalsozialisten verfolgt und 1942 deportiert und 1944 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet. In Theresienstadt unterrichtet sie Kinder nach den pädagogischen Methoden des Bauhaus und entwickelt eine frühe Form der Kunsttherapie: Kunstschaffen als Moment der Freiheit.

Dodo
10. Feb 1907, Berlin–22. Dez 1998, London, UK
geb. Dörte Clara Wolff
verh. Dörte Bürgner
verh. Dörte Adler
Ausbildung: Schule Reimann in Berlin
Modedesignerin, Illustratorin, Modedesignerin, Malerin
Als junge Modedesignerin entwirft Dörte Wolff erfolgreich Kostüme, unter anderem für die Kabarett-Auftritte von Margot Lion und der jungen Marlene Dietrich. Berühmt wird sie jedoch mit ihren farbenfrohen Gouachen für das Satiremagazin ULK, in denen sie die Weimarer High Society porträtiert und die sie mit „Dodo“ signiert. 1936 flüchtet sie nach England und widmet sich zunehmend der eigenen Malerei. Als Grafikerin kann sie nicht an ihren Erfolg in Deutschland anknüpfen.

Edelstein, Grete
23. Nov 1882, Danzig–29. Nov 1954, Tel Aviv, Israel
geb. Grete Schapira
Grafikerin
Von Grete Edelstein sind nur wenige Arbeiten bekannt, darunter Exlibris – u.a. für den Pianisten und Komponisten Ernst Immerglück – und die Umschlagsillustration und die Gestaltung des Titelblatts von Ilse Herlingers Jüdische Märchen von 1928. Bereits 1933 gelingt Edelstein gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Sohn Hans (Chanan) die Emigration nach Tel Aviv. Im Gedenken an ihren Sohn, der im Mai 1948 bei einem ägyptischen Luftangriff ums Leben kommt, stellt sie Texte und Zeichnungen zusammen; zur geplanten Veröffentlichung kommt es jedoch nicht.
Eisner, Rose
12. Apr 1883, Myslowitz, Oberschlesien–15. Okt 1940, Berlin
geb. Rosa Eisner
verh. Rosa Eisner-Marquart
Ausbildung: Königliche Kunstgewerbeschule in Breslau, Unterricht bei Bernhard Buttersack in München und bei P. J. Laurens an der Académie Julian in Paris
Grafikerin, Illustratorin, Malerin
Eisner ist vor allem für ihre Exlibris bekannt. Sie verfügt über eine große Kundschaft, darunter Auftraggeber aus Schlesien ebenso wie aus Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main und Karlsruhe. Der Großteil ihrer Kund*innen ist jüdisch. Die Grafikerin betätigt sich darüber hinaus auch als Porträt- und Landschaftsmalerin. Durch ihre Ehe mit dem nichtjüdischen Otto Marquart ist sie vor Zugriffen durch die Nazis weitgehend geschützt. Eisner-Marquart stirbt in der Berliner Charité an Krebs.

Engel Hecker, Lea
29. Dez 1888, Hamburg–vermutlich 1973, Israel
geb. Lea Charlotte Hecker
verh. Charlotte Engel Hecker
Kunsthandwerkerin für jüdische Ritualgegenstände, Textilkünstlerin, Unternehmerin
Lotte Engel Hecker fertigt Ritualgegenstände aus Metall an, darunter Seder-Schüsseln und Chanukka-Leuchter, aber auch textile Gegenstände für den rituellen Gebrauch wie Schabbat-Decken. Anfang 1930 übernimmt sie das Geschäft ihrer Schwester Erna Adler in Berlin Tiergarten, das für eine jüdische Kundschaft Handarbeiten, moderne Zeremonialobjekte und Geschenkartikel anbietet. Nach ihrer Emigration 1938 in das britische Mandatsgebiet Palästina spezialisiert sie sich weiter in der Produktion von rituellen Textilien, um ihre Familie zu versorgen.
Frank, Elly
11. Dez 1877, Stolp–30. Nov 1941, Riga, Litauen
Ausbildung: Mal- und Zeichenschule des Vereins Berliner Künstlerinnen
Kunstgewerbliche Zeichnerin, Porträt-Malerin, Illustratorin
Die Arbeiten der Illustratorin Elly Frank finden sich in Kinderbüchern, und auch ihre Postkarten, seit 1905 in verschiedenen Verlagen veröffentlicht, zeigen häufig liebliche Szenen mit spielenden Jungen und Mädchen. Frank arbeitet auch als Porträtmalerin. Ihre Bildsprache dient während des Ersten Weltkriegs Propagandazwecken. Frank ist Mitglied des Wirtschaftsverbands Bildender Künstler und wohnt zuletzt im Berliner Hansaviertel, ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Am 27. November 1941 wird sie nach Riga deportiert und drei Tage später beim Massaker von Rumbula erschossen.

Freudenthal, Rosa
19. Jul 1870, Groß-Strehlitz, Schlesien–21. Sep 1951, Haifa, Israel
geb. Rosa Graetzer
Kunsthandwerkerin, Unternehmerin
Freudenthal veranstaltet schon in den frühen 1920er-Jahren in ihrer Breslauer Wohnung regelmäßig Verkaufsausstellungen mit jüdischen Zeremonialobjekten und Werken jüdischer Künstler*innen. Sie bemüht sich besonders um die Herstellung jüdischer Lehr- und Lernmittel für deutschsprachige Kinder und gibt Arbeiten in Auftrag. Es entstehen z.B. ein Sukka-Bausatz aus Pappe von Erna Selten, eine Jahrzeittabelle mit einer Radierung von Käthe Markus Ephraim und ein Chanukka-Spiel von Dora Goldberg. Freudenthal gibt ihr Geschäft auf und flüchtet 1934 in das britische Mandatsgebiet Palästina.

Friedländer, Elisabeth
10. Okt 1903, Berlin–1984, County Cork, Irland
nach der Emigration: Elizabeth Friedlander
Ausbildung: Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin (?), unter Emil Rudolf Weiss
Grafikerin, Typografin, Kalligraphin
Mit der Einladung, für die Schriftgießerei Bauer in Frankfurt einen Schriftsatz zu entwerfen, gehört Friedländer zu den ersten Frauen in diesem Metier. Ihre enorm erfolgreiche Schrift wird 1938 produziert und heißt „Friedländer“. Unter den Nazis wird sie bald in „Elisabeth“ umbenannt, um den vermeintlich „jüdischen“ Namen der Designerin zu vertuschen. Sie emigriert 1936 nach Italien und schließlich nach England; hier wird sie während des Krieges für die Fälschung deutscher Dokumente eingesetzt. Nach dem Krieg ist sie in Großbritannien als Freiberuflerin wieder gestalterisch tätig: Ab 1948 entwirft sie Musterpapiere für Bucheinbände und Motiven für den Verlag Penguin Books sowie Muster und Schmuckpapiere für die Curwen Press.

Friedlaender, Marguerite
11. Okt 1896, Écully bei Lyon–24. Feb 1985, Guerneville, USA
verh. Marguerite Friedlaender-Wildenhain
Ausbildung: Staatliches Bauhaus in Weimar, Keramische Werkstatt am Bauhaus in Dornburg/Saale
Keramikerin, Porzellangestalterin, Dozentin
Nachdem Marguerite Friedlaender-Wildenhain 1926 die erste Töpfermeisterin Deutschlands wird, übernimmt sie die Leitung der Keramikwerkstatt der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein in Halle. 1933 wird sie als Jüdin entlassen. Sie flüchtet vor den Nazis zunächst in die Niederlande, dann 1940 nach Kalifornien. Über Jahrzehnte hinweg gibt sie hier ihre durch die Bauhaus-Werkstatt in Dornburg geprägte Handwerkskunst an Studierende weiter und beeinflusst damit eine Generation amerikanischer Keramiker*innen.

Friedlaender, Regina
12. Mai 1886, Berlin–7. Mär 1932, Berlin
geb. Regina Oppler
verh. Regina Friedlaender
verh. Regina Heller
Modistin, Modedesignerin, Unternehmerin
Regina Friedlaenders Gespür für Design, ihr Geschick als Geschäftsfrau und ihr Sinn für die Platzierung ihrer Produkte machen die noch unbekannte Hutmacherin in kurzer Zeit zu einer Trendsetterin der Mode und erfolgreichen Unternehmerin. Ihr Salon mit Hüten in aufsehenerregenden Farben und Designs wird zur bekannten Adresse in Berlin; auch Kleider und Pelze gibt es im Sortiment. Friedlaenders exklusive Hüte finden sich in einflussreichen Zeitschriften, darunter Die Dame und Elegante Welt und zieren die Köpfe etlicher Schauspielerinnen ihrer Zeit.

Dessau-Goitein, Emma
21. Sep 1877, Karlsruhe–1968, Perugia, Italien
geb. Emma Dessau
Malerin, Gebrauchsgrafikerin, Zionistin
Ausbildung: Porträtklasse der Malerinnenschule in Karlsruhe, Schule für Malerei in Bushey, England bei Hubert von Herkommer
Dessau-Goitein ist eine preisgekrönte Exlibris-Grafikerin. Sie ist vom Zionismus und der aufkommenden Frauenbewegung beeinflusst, und fast die Hälfte ihrer Exlibris ist für Frauen bestimmt. Als einzige Frau wird sie 1901/02 in die Akademie der Schönen Künste in Bologna aufgenommen, wo sie mit ihrem Mann lebt. 1938 werden in Italien die Rassengesetze eingeführt, woraufhin das Ehepaar bis zur Befreiung mit Unterstützung von Freunden und Bekannten untertaucht. Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1949 zieht sich Emma zurück und hört für den Rest ihres Lebens auf, künstlerisch tätig zu sein.

Grossmann, Hedwig
11. Nov 1902, Berlin–31. Mai 1998, Giv’atajim, Israel
verh. Hedwig Grossmann-Lehmann
nach der Migration: הדוויג גרוסמן-להמן
Ausbildung: Seminar für Gärtner und Jugendführer im Pestalozzi-Freiwilligenhaus in Berlin, Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin, Technische Hochschule Berlin, Burg Giebichenstein in Halle
Keramikerin, Bildhauerin, Druckgrafikerin, Dozentin
Grossmann gilt als eine der Begründerinnen der israelischen Kunstkeramik. Als überzeugte Zionistin wandert sie in den 1930er-Jahren mit ihrem nichtjüdischen Lebensgefährten, dem Bildhauer Rudi Lehmann, nach Jerusalem aus. In ihrer Arbeit legt Grossmann großen Wert auf die Verwendung von Rohmaterialien aus dem Land Israel und bemüht sich, die heimischen Erdfarben zur Geltung zu bringen. 1959 ruft das Ehepaar in Giv’atajim eine städtische Kunstschule ins Leben; bis in die 1980er-Jahre hinein arbeitet Grossmann hier mit Menschen jeden Alters und jeder Herkunft.

Guermonprez Jalowetz, Trude
9. Nov 1910, Danzig–. Mai 1976, San Francisco, USA
geb. Gertrud Emilie Jalowetz
Ausbildung: Burg Giebichenstein Halle, Technische Hochschule Berlin, Stipendien in Finnland und Schweden
Weberin, Textilkünstlerin, Dozentin
Trude Guermonprez, die in den Niederlanden während der deutschen Besetzung überlebt, zieht 1946 in die USA. Als außergewöhnlich begabte Weberin gestaltet sie Stoffe für Textilproduzenten, fertigt Auftragsarbeiten für Privatpersonen und Architekturbüros an und entwirft zeremonielle Textilien für Synagogen. 1949 zieht sie von North Carolina nach Kalifornien, wo sie mit Marguerite Friedlaender-Wildenhain die Pond Farm Workshops aufbaut. Bis 1971 lehrt sie am California College of Arts and Crafts.
Heymann-Loebenstein, Margarete
10. Aug 1899, Köln–11. Nov 1990, London
geb. Margarete Heymann
verh. Margarete Loebenstein (verwitwet)
verh. Margarete Marks
Nach der Emigration: Margarete Heymann-Marks, Grete Marks, Margaret Marks
Ausbildung: Kunstgewerbeschule Köln, Kunstakademie Düsseldorf, Vorkurs bei Johannes Itten am Staatlichen Bauhaus in Weimar, Probesemester in der Keramischen Werkstatt am Bauhaus in Dornburg/Saale
Designerin für Keramik, Unternehmerin, Malerin
Heymann-Loebenstein gründet zusammen mit ihrem Mann und dessen Bruder die Haël-Werkstätten für Künstlerische Keramik, deren Produkte bald international erfolgreich sind. Die modernen Formen, abstrakten Ornamente und ungewöhnlichen Glasuren trafen den Geschmack der Zeit. Nachdem 1928 Gustav und Daniel Loebenstein bei einem Autounfall ums Leben kommen, führt Heymann-Loebenstein die Firma allein weiter, bis sie im Jahr 1933 aufgrund der schlechten Wirtschaftslage schließen muss. Kurz darauf werden die Haël-Werkstätten auf Druck des NS-Regimes zu einem geringen Preis verkauft. Hedwig Bollhagen übernimmt die künstlerische Leitung und einen Großteil der Produktpalette. Margarete Heymann-Loebenstein emigriert 1936 nach Großbritannien; an ihre Erfolge kann sie dort nicht anknüpfen.

Hirsch, Elli
23. Mär 1873, Berlin–6. Feb 1943, Theresienstadt
geb. Aurelie Hirsch
verh. Aurelie Doepler
Ausbildung: Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums in Berlin
Gebrauchsgrafikerin, Illustratorin
Nach Abschluss ihres Studiums entwirft Elli Hirsch Vignetten und Kopfleisten für das Kunstgewerbeblatt und macht sich schnell einen Namen als Grafikerin. Besonders erfolgreich ist ihre acht Jahre währende Tätigkeit für die Kölner Schokoladenfirma Stollwerck: Über hundert Sammelbilder, Verpackungen, kunstvolle Anzeigen und Plakate entwirft Elli Hirsch; auch an der Gestaltung des Logos ist sie beteiligt. Das für ihre Zeit außergewöhnliche Geschäftsverhältnis endet mit ihrer Heirat. Elli Hirsch wird 1942 von Berlin nach Theresienstadt deportiert und ein halbes Jahr später dort ermordet.

Kuttner, Dorothea
22. Apr 1902, Berlin–7. Mär 1967, Allgäu
verh. Dorothea Patuschka
Ausbildung: Kunstgewerbeschule in Berlin
Kunsthandwerkerin
Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, will Kuttner ein Handwerk erlernen. Bereits während ihrer Ausbildung webt sie Stoffe, mit denen sich ihre Familie einkleidet. Später führt Kuttner in Kattowitz ein Nähstudio mit mehreren Angestellten; hier lernt sie ihren nichtjüdischen Mann kennen. Das Paar lässt sich in Kempten im Allgäu nieder, zieht jedoch, um der Willkür des NSDAP-Kreisleiters der Kleinstadt zu entgehen, 1943 nach Berlin, wo Kuttner, durch ihre Ehe geschützt, die Zeit des Nationalsozialismus überlebt.

Leon, Rose
1. Sep 1909, Berlin–2. Mär 2010, Ardsley, USA
verh. Rose Leon-Wegner
Ausbildung: Schule Reimann in Berlin bei Karl Heubler, Metallabteilung
Silber- und Metallschmiedin
Bis heute ist die Silberschmiedin Rose Leon die einzige Person, von der bekannt ist, dass sie an der Schule Reimann im Fachbereich Metallarbeit jüdische Zeremonialobjekte entwirft und anfertigt. Auffallend sind hier ihre Experimente mit ungewöhnlichen Formen. Sie produziert auch dekorative Haushaltsobjekte und Schmuck. Nach 1933 gibt es für Leon außerhalb jüdischer Kreise kaum noch Arbeits- und Ausstellungsmöglichkeiten, 1936 flieht sie aus Deutschland. Zusammen mit ihrem Ehemann, den sie 1937 in Antwerpen heiratet, emigriert sie 1938 in die USA. Rose Leon stellt für Familienmitglieder weiterhin Schmiedearbeiten her, kann an ihre Karriere aber nicht anknüpfen.

Levy, Elisabet Alexandra
31. Aug 1910, Hamburg–1990, New York, USA
verh. Elisabet Alexandra Weissmann
verh. Elisabet Alexandra Leonard
Elisabet Alexandra Levy stellt – wie mehrere andere jüdische Frauen – in den späten 1920er- und frühen 1930er-Jahren moderne Zeremonialobjekte aus Metall her; ihr Können ist in Vergessenheit geraten, und ihre Werke wurden bisher nahezu vollends übersehen. Über Levys Ausbildung ist wenig bekannt, doch sie führt in Berlin ein Unternehmen für Schmuck und Edelmetalle. Zusammen mit ihrem Mann flieht sie um 1939 nach Amsterdam, wird jedoch inhaftiert und 1944 nach Bergen-Belsen deportiert. Sie überlebt und wandert mit ihrem Sohn Peter nach New York aus.
Litten, Hanna
17. Mai 1920, Berlin–Dez 1942, Riga, Litauen
Ausbildung: Bühnen- und Kostümbildner-Gehilfin bei Heinz A. Cordell im Jüdischen Kulturbund in Berlin
Kostümbildnerin, Bühnenbildnerin
Als Jüdin ist Hanna Litten unter dem Nazi-Regime die Arbeit an öffentlichen Theatern verboten – weshalb sie ihr beachtliches Talent als Kostümbildnerin ausschließlich in Aufführungen des Jüdischen Kulturbunds zur Geltung bringen kann. 1939 wird sie, erst neunzehnjährig, dessen Vorstandsmitglied; im Jahr darauf übernimmt sie bis zur Schließung 1941 die Verantwortung für die Ausstattung aller noch produzierten Inszenierungen. Am 26. Oktober 1942 wird Hanna Litten ins Ghetto Riga deportiert, wo sie kurz nach ihrer Ankunft im Lager Jungfernhof erschossen wird.
Luiko, Maria
25. Jan 1904, München–25. Nov 1941, Kaunas, Litauen
geb. Marie Luise Kohn
Künstlername: Maria Luiko
Ausbildung: Akademie der Künste in München und Münchner Kunstgewerbeschule
Erzieherin, Malerin, Illustratorin, Bühnenbildnerin, Lithografin
Mit Zeichnungen, Aquarellen, Ölgemälden, Lithografien, Holzschnitten, Buchillustrationen und Bühnenbildern beeindruckt die Vielfalt im Werk Luikos. 1927 tritt sie der Künstlervereinigung „Die Juryfreien“ bei; zunehmend befasst sie sich mit sozialkritischen Themen. Bis 1939 ist Luiko für den Jüdischen Kulturbund tätig und ist Mitgründerin des Marionettentheaters Münchener Jüdischer Künstler. Maria Luiko plant, ins britische Mandatsgebiet Palästina auszuwandern, doch im November 1941 wird sie deportiert und in Kaunas erschossen.
Marbach, Johanna
9. Jul 1872, Berlin–19. Jan 1945, Marylebone, UK
geb. Johanna Podeschwa (auch Podescwa)
verh. Johanna Dann (verwitwet)
verh. Johanna Marbach
Modedesignerin, Modellhausinhaberin
Marbach kleidet Film-, Bühnen- und Opernikonen ein und erlangt so selbst Berühmtheit. Die außergewöhnlich erfolgreiche Unternehmerin ist eine der wenigen Frauen ihrer Zeit, die trotz Ehe und Kindern ihrer Karriere nachgeht. Marbach, die aus einer orthodoxen Familie stammt, setzt sich öffentlich gegen Antisemitismus ein. Sie flieht vor den Nazis nach London; in den Unterlagen der britischen Volkszählung von 1939 wird ihr Beruf schlicht als „Schneiderin“ vermerkt.
Meyerhof, Agnes
2. Jun 1856, Hildesheim–22. Aug 1942, Theresienstadt
geb. Agnes Gella Meyerhof
Ausbildung: Studium der Malerei und Bildhauerei in Frankfurt am Main, Unterricht bei Hugo Steiner-Prag in München
Zeichnerin, Malerin, Bildhauerin, Grafikerin
Meyerhof fertigt Bilder für den Frankfurter Zoologischen Garten an, illustriert verschiedene Publikationen und gestaltet zahlreiche Exlibris; bekannt wird sie aber vor allem für ihre Porträtmalerei. 1901 und 1902 kann sie Studienreisen nach Florenz und Rom unternehmen, 1906 wird sie beim Concours International des Arts de la Femme in Paris mit dem Diplôme d’Honneur ausgezeichnet. Sie heiratet nicht und bleibt kinderlos. Mit 86 Jahren wird sie nach Theresienstadt deportiert und stirbt dort drei Tage später.
Nathan, Steffie
31. Aug 1895, Berlin–3. Sep 1972, Hastings, UK
geb. Stefanie Nathan
verh. Steffie Schäfer-Nathan
Modezeichnerin, Gebrauchsgrafikerin
Nathans Werk repräsentiert das Bild der „neuen“ unabhängigen, aktiven Frau der Weimarer Republik. Über Nathans Ausbildung ist nichts bekannt, doch bereits im Alter von 24 Jahren entwirft sie ein Titelbild für Die Dame und arbeitet für weitere einflussreiche Zeitschriften. 1926 heiratet sie den antifaschistischen nichtjüdischen Karikaturisten Albert Schäfer-Ast. Unter dem politischen Druck annulliert das Paar im April 1939 seine Ehe und schickt die gemeinsame Tochter mit einem Kindertransport nach England. Nathan folgt ihrer Tochter und bleibt auch nach dem Krieg in London. Ihre vielversprechende künstlerische Laufbahn kann sie nicht fortsetzen.
Neu, Trude
6. Apr 1912, Nürnberg–Mai 2001, England
geb. Gertrud Neu
verh. Trude Neu Lindsey
Ausbildung: Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, Belfast Academy of Art
Textil- und Spielzeugdesignerin, Malerin, Beschäftigungstherapeutin
Kurz vor ihrem Studienabschluss ist Trude Neu unter den Nazis gezwungen, die Nürnberger Hochschule zu verlassen; 1939 wandert sie mit einem Visum für Hausangestellte nach Nordirland aus. Mit Kreativität und Geschick kann Neu ihren Lebensunterhalt hier mit dem Verkauf von selbst entworfenen Handpuppen bestreiten. Später entwirft sie für eine Belfaster Weberei mit großem Erfolg kühne und farbenfrohe Stoffe. 1948 beginnt Neu eine weitere Ausbildung und arbeitet bis zu ihrem Ruhestand als Beschäftigungstherapeutin mit Schwerpunkt auf Kunsthandwerk, Stickerei und Weberei.
Neumann, Alice
23. Nov 1901, Berlin–15. Jun 2008, London, UK
geb. Alice Irmgard Edler
auch: Lissy Edler
nach der Emigration: Alice Irmgard Newman
Ausbildung: Kunstgewerbeschule in Berlin Charlottenburg, Schule Reimann in Berlin
Modezeichnerin
Bereits in der Kindheit zeigt sich das große künstlerische Talent von Alice Edler; als junge Frau arbeitet sie frei für verschiedene Berliner Salons, und viele der beliebten Ullstein-Schnittmuster stammten aus ihrer Feder. Nach einer überstürzten Emigration kann sie ihrer Familie in London durch das Anfertigen von Modezeichnungen den Lebensunterhalt sichern. Anfang der 1940er-Jahre hört Alice Neumann auf, künstlerisch zu arbeiten und unterstützt ihren Mann im Aufbau seiner Arztpraxis.
Oppler-Legband, Else
21. Feb 1875, Nürnberg–7. Dez 1965, Überlingen am Bodensee, Deutschland
geb. Elsa Oppler
verh. Else Oppler-Legband
Ausbildung: Damenatelier des Künstlers Maximilian Dasio in München, Kunstgewerblicher Meisterkurs des Bayerischen Gewerbemuseums in Nürnberg
Architektin, Innenarchitektin, Kunsthandwerkerin, Modedesignerin, Dozentin für Kunsthandwerk
Oppler-Legband ist um 1900 eine einflussreiche und vielseitige Designerin. Als treibende kulturelle Instanz hält sie Vorträge, lehrt, kuratiert Ausstellungen und leitet die Höhere Fachschule für Dekorationskunst. Sie flieht 1933 aus Deutschland und kehrt, bereits betagt, 1952 zurück. Heute ist die führende Vertreterin der Reformkleidung – der Gegenentwurf zu enger und unbequemer Frauenmode ab der Jahrhundertwende – so gut wie vergessen. Ihr langjähriger nichtjüdischer Lebensgefährte und Partner Peter Behrens ist als Pionier des modernen Designs weithin bekannt.

Pritzel, Lotte
30. Jan 1887, Breslau–17. Feb 1952, Berlin, Deutschland
geb. Charlotte Pritzel
verh. Charlotte Pagel
Ausbildung: Kunstgewerbeschule in München
Puppenmacherin, Kostümbildnerin, Zeichnerin
Pritzel fertigt extravagante Wachspuppen, die häufig in Zeitschriften abgebildet werden. 1912 gibt der Keksfabrikant Hermann Bahlsen bei ihr die Gestaltung von Werbefiguren in Auftrag. Pritzel gehört zu dem Kreis der Münchner Boheme und ist u.a. mit Erich Mühsam, Lion Feuchtwanger, Klabund und Johannes Becher befreundet. Im September 1913 sieht Rainer Maria Rilke eine Ausstellung der Puppen von Lotte Pritzel in ihrem Atelier in München und wird inspiriert, über sie zu schreiben. Sie arbeitet als Kostümbildnerin und Bühnenausstatterin, u. a. für die Münchner Kammerspiele, das Deutsche Theater in Berlin, für Max Reinhardt und Erwin Piscator.
Rosenblüth, Anni
8. Okt 1890, Berlin–8. Mär 1966, Kidlington, UK
geb. Anna Margarete Lesser
nach der Emigration: Annie Margaret Ross
Ausbildung: Schule Reimann in Berlin, beim Goldschmied Adolf von Mayrhofen in München, Königliche Kunstgewerblichen Lehr- und Versuchswerkstätte in Stuttgart, Höhere Fachschule für Textil- und Bekleidungsindustrie in Berlin
Goldschmiedin, Kunsthandwerkerin, Illustratorin, Unternehmerin
Rosenblüth gehört zu den ersten Frauen in Deutschland, die offiziell (hier: von der Berliner Handelskammer) als Gold- und Silberschmiedin anerkannt werden. Für den Jüdischen Nationalfond entwirft sie ein illustriertes Domino-Spiel, das auf dem Zionistenkongress in Wien vorgestellt. Sie folgt ihrem Mann, dem Politiker Pinchas Rosen (früher Felix Rosenblüth), 1932 nicht ins britische Mandatsgebiet Palästina, sondern emigriert mit ihren beiden Kindern 1933 nach Großbritannien. Später gelingt es ihr, sich mit ihrer Kunst selbstständig zu machen: Unter dem Label Fancycraft produziert sie in eigener Werkstatt in Oxfordshire erfolgreich Laubsägearbeiten, die 1951 im Rahmen des Festival of Britain ausgestellt wurden.
Roth, Emmy
12. Mai 1885, Hattingen–11. Jul 1942, Tel Aviv, Israel
geb. Emmy Urias
verh. Emmy Baehr
verh. Emmy Roth
Ausbildung: Silberschmiedefirma Conrad Anton Beumers bei Paul Beumers, weitere Stationen in Gold- und Silberschmiedewerkstätten, Meisterprüfung als eine der ersten Frauen in Deutschland
Gold- und Silberschmiedin
Roth ist eine der bedeutendsten deutschen Silberschmiedinnen des frühen 20. Jahrhunderts und international bekannt. Sie entwirft und fertigt funktionale Gegenstände von eleganter Schlichtheit, die mit technischer Virtuosität ausgeführt werden. Sie versteht es, ihre Produkte zu vermarkten und zu veröffentlichen. Roth präsentiert ihre Arbeiten regelmäßig auf der Leipziger Messe, 1930 nimmt sie an der bahnbrechenden Ausstellung Kult und Form in Berlin teil, 1931 an der Deutschen Bauausstellung und 1937 an der Weltausstellung in Paris im jüdischen Pavillon des britischen Mandatsgebiets Palästina. Roth lebt in Deutschland, Frankreich und zum Schluss in Tel Aviv. Erkrankt an Krebs, nimmt sie sich 1942 das Leben. Ihr Werk geriet in Vergessenheit.
Saltern, Irene
30. Januar 1911, Berlin–4. September 2005, Newport Beach, USA
geb. Irene Stern
verh. Irene Salinger
in Hollywood als Modedesignerin unter dem Namen Irene Saltern
Ausbildung: Lette-Verein Berlin
Kostümbildnerin, Modedesignerin, Unternehmerin
Salinger ist bekannt für ihren Einfluss auf die Damen-Sportbekleidungsindustrie, insbesondere für ihre Arbeit als Begründerin von Kombinationen in der Sportmode. 1937 in die USA emigriert, strebt sie eine Karriere als Kostümbildnerin an. In Hollywood beginnt sie in den späten 1930er-Jahren als Kostümbildnerin bei Republic Pictures und arbeitet später für Samuel Goldwyn Pictures. In den 1940er-Jahren beginnt sie als freiberufliche Modedesignerin zu arbeiten; 1950 wird sie leitende Designerin bei einer kalifornischen Sportbekleidungsfirma. Sie nutzt einige der optischen Täuschungen, z.B. wie man eine weibliche Silhouette schlanker wirken lassen kann, für die kommerzielle Mode. Später arbeitet sie für die Designhäuser Phil Rose und Lanz of California und leitet kurzzeitig auch ihre eigene Firma, Irene Saltern of California.
Samuel, Edith
28. Nov 1907, Essen– 1. Jun 1964, Rischon-le-Zion, Israel
Nach der Alija: Chava Samuel
אדית סמואל
Ausbildung: Handwerker- und Kunstgewerbeschule (später Folkwangschule für Gestaltung) in Essen, Kunstakademie Düsseldorf
Bildhauerin, Graphikerin, Zeichnerin, Puppenmacherin
Als Puppenmacherin fertigte Edith Samuel maßgefertigte Porträtpuppen aus Stoff als Andenken für Familien, deren Angehörige Deutschland aufgrund der Einschränkungen und der Verfolgung durch die Nazis verlassen mussten. Im Jahr 1939 wandert sie ins britische Mandatsgebiet Palästina aus und lässt sich mit ihrer Schwester Eva (Chava) Samuel, und ihrem Bruder, dem Komponisten Yochanan Samuel, in Rischon Le-Zion nieder. Sie beginnt mit der Herstellung von Puppen, die verschiedene Kulturen und Teile der Gesellschaft repräsentieren, sowie später von kleinen Bühnen mit Szenen, die den jungen Staat Israel darstellen. Sowohl in Deutschland als auch in der Emigration spiegeln Samuels Puppen die Lebens-, Kultur- und politische Geschichte ihrer Zeit wider.
Lesen Sie im Blogbeitrag, wie Kuratorin Michal Friedlander die Samuel-Schwestern wieder entdeckte
Samuel, Eva
16. Nov 1904, Essen–3. Okt 1989, Israel
Nach der Alija: Chava Samuel
חוה סמואל
Ausbildung: Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Essen, Künstlerkolonie Worpswede, Keramikwerkstätten Margaretenhöhe, Studium der keramischen Chemie in Stuttgart
Keramikerin, Malerin, Bildhauerin
Eva Samuel ist Tochter eines Reform-Rabbiners, eine der Pionierinnen der Keramikkunst in Israel und Mitbegründerin der Vereinigung der Keramikkünstler in Israel. Die modernen Formen, die sie nach ihrer Alija aus Deutschland ins britische Mandatsgebiet Palästina mitbringt, versieht sie mit gemalten folkloristischen Motiven: Szenen aus verschiedenen Gemeinschaften, einschließlich jemenitischer Juden und der arabischen Bevölkerung. 1934 eröffnet sie zusammen mit Paula Aronsohn die Werkstatt Krug und Becher in Rischon le-Zion, die 45 Jahre ununterbrochen in Betrieb sein wird. Die Puppenmacherin Edith Samuel, die ebenfalls ins britische Mandatsgebiet Palästina emigriert, ist ihre Schwester.
Lesen Sie im Blogbeitrag, wie Kuratorin Michal Friedlander die Samuel-Schwestern wieder entdeckte
Sandler, Adele
23. Feb 1883, Karlsruhe–2. Sep 1946, Jerusalem, Israel
geb. Adelheid Straus
Illustratorin, Verlegerin, Unternehmerin
Sandler setzt sich für eine jüdische Kinderkultur in Deutschland ein: Ihre Illustrationen für pädagogische Spiele und Bücher werden hoch gelobt, endlich werde Kindern auch jüdische Geschichten statt der christlichen Darstellungen nahegebracht. In einer Zeit zunehmender antisemitischer Verfolgung bestärken Sandlers Veröffentlichungen Kinder in ihrem jüdischen Selbstbewusstsein.
Sandmann, Gertrude
16. Okt 1893,Berlin–6. Jan 1981, Berlin, Deutschland
Ausbildung: Verein Berliner Künstlerinnen, Grafikstudium bei Otto Kopp in München, Schülerin von Käthe Kollwitz
Malerin, Gebrauchsgrafikerin
In den 1920er-Jahren arbeitet Gertrude Sandmann als Illustratorin für Modezeitschriften. Das Erbe ihres Vaters erlaubt ihr, im eigenen Atelier dem Aufbruchs-und Entdeckungsgeist der Weimarer Republik zu folgen. Reisen und Studienaufenthalte führen sie nach Paris, Florenz, Ascona. Ihr Leben lang kämpft sie für die Emanzipation der Frauen. Bereits Anfang der 1920er-Jahre lebt sie offen lesbisch, malt und zeichnet mit Vorliebe Frauen. Nach dem Deportationsbefehl bringt sie ihre Bilder in Sicherheit und täuscht einen Selbstmord vor. Im Versteck überlebt sie die Verfolgung. Schon betagt unterstützt Sandmann Fraueninitiativen und ist Mitbegründerin der ersten Lesbengruppe der Nachkriegszeit L 74.
Schlopsnies, Franziska
1. Dez 1884, Frankfurt am Main–30. Dez 1944, Auschwitz
geb. Franziska Spangenthal
Modegrafikerin, Gebrauchsgrafikerin
Schlopsnies gilt als eine der bedeutendsten deutschen Modegrafikerinnen der 1920er-Jahre. Ihre eleganten Modezeichnungen und Karikaturen erscheinen regelmäßig in Zeitschriften und Monatsheften. Sie gestaltet zahlreiche Titelblätter, unter anderem für die satirischen Fliegenden Blätter und Meggendorfer-Blätter. Nach der Machtübernahme der Nazis vermietet sie Zimmer in ihrer Wohnung, um den Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter zu sichern. Sie wird im Dezember 1944 in Auschwitz ermordet, ihre Tochter Erica überlebt.
Schwarz, Paula
11. Feb 1872, Rogowo, Posen–4. Jan 1943, Theresienstadt
geb. Pauline Schwarz
verh. Pauline Löwenthal
Hutmacherin, Geschäftsfrau
Die Hüte von Paula Schwarz zieren die Köpfe bekannter Schauspielerinnen, ihre Kreationen werden von der jüdischen Fotografin Yva festgehalten – ein Beispiel für die Vernetzung und die enge Zusammenarbeit jüdischer Frauen in kreativen Berufen. Paula Schwarz’ erfolgreiches „Putzgeschäft“ in Charlottenburg wird 1939 liquidiert. Sie stirbt im Alter von 70 Jahren in Theresienstadt.
Seidmann-Freud, Tom
17. Nov 1892, Wien–7. Feb 1930, Berlin, Deutschland
geb. Martha Gertrud Freud
Ausbildung: Kunstschule in London, Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbemuseums in Berlin
Illustratorin, Kinderbuchautorin, Malerin
Seidmann-Freuds Werk ist Ende der 1920er-Jahre in Deutschland und in vielen Teilen Europas verbreitet. Kaum eine andere Illustratorin dieser Zeit erreicht mit ihren Büchern eine solche Popularität. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Yankel Seidmann, gründet sie den Verlag für Kinderbücher Peregrin. Die Begegnung mit dem Dichter und Übersetzer Hayim Nahman Bialik führt zu einer intensiven Zusammenarbeit und zur Gründung des Verlagshauses Ophir. Die Projekte geraten nach der Weltwirtschaftskrise in finanzielle Schwierigkeiten. Yankel Seidmann und Tom-Seidmann-Freud nehmen sich 1929 und 1930 im Abstand weniger Monate das Leben.
Sinasohn, Rahel Ruth
25. Mai 1891, Gnesen (heute Gniezno, Polen)–10. Feb 1968, Petach Tikva, Israel
geb. Rahel Ruth Cohn
nach der Migration: רחל רות סינאסון
Entwerferin und Herstellerin jüdischer Ritualgegenstände, Unternehmerin
Sinasohn war mit einem neo-orthodoxen Rabbiner verheiratet und lebte ein traditionelles jüdisches Leben in Berlin. Um zum Familieneinkommen beizutragen, setzte sie ihre künstlerischen Fähigkeiten selbstbewusst und mit großem kaufmännischem Innovationsgeschick um. In ihren Ritualgegenständen aus Textil, Glas, Porzellan und Metall spiegeln sich, wie das Jüdische Familienblatt 1924 festhält, mutige, frische Impulse und neuartige Ideen. Als die sechsköpfige Familie in eine größere Wohnung zieht, entwirft der Architekt Harry Rosenthal einen Ausstellungs- und Verkaufsraum. 1942 flieht Sinasohn mit ihrem Mann und einer ihrer Töchter nach Belgien und taucht unter. Nach der Befreiung emigriert die Familie 1947 in das britische Mandatsgebiet Palästina.
Spanier, Käte
3. Jan 1891, Hannover–28. Sep 1970, Brent, UK
geb. Käthe Henriette Fanny Spanier
verh. Käthe Lehfehldt
auch bekannt unter Käthe Lehfeldt und Kate Lefelt
Gebrauchsgrafikerin, Zeichnerin
1914 werden Spaniers Arbeiten – darunter ein Werbeplakat, Entwürfe für Vorsatzblätter und farbige Originalzeichnungen für das Märchen Der Schweinehirt von Hans Christian Andersen – auf der Weltausstellung für dekorative und graphische Künste in Leipzig ausgestellt. Heute noch bekannt ist Spaniers Plakat Krieg und Küche, das während des Ersten Weltkriegs vom Nationalen Frauendienst (NFD) in Auftrag gegeben wurde. Während Ihrer Ehe ist sier kaum noch als Grafikerin tätig, nach Emigration nach England nimmt sie ihren Beruf wieder auf stellt ihre Arbeiten aus.
Stern, Hanna E.
18. Sep 1885, Frankfurt am Main–4. Dez 1942, Frankfurt am Main, Deutschland
geb. Johanna Elisabeth Stern
verh. Johanna Stern-Cristiani
Gebrauchsgrafikerin
Hanna E. Stern führt zusammen mit ihrem nichtjüdischen Ehemann, dem Künstler Mateo Cristiani, ein Atelier für Buch- und Kunstgewerbe im Hansahaus in Frankfurt. Während des Ersten Weltkriegs verantwortet sie das Geschäft allein. Hanna Stern gestaltet zahlreiche Exlibris auf Arabisch, darunter für die Frankfurter Familie Rothschild; sogar ein arabisches Exlibris von ihr ist zu finden. Nach 1936 wird Matteo Cristiani, der sich nicht scheiden lassen will, mit einem Berufs- und Ausstellungsverbot belegt. Stern gelingt es, einige Zeit in der Schweiz zu verbringen. Sie stirbt jedoch in der gemeinsamen Wohnung in Frankfurt, vermutlich an Krebs.
Straus, Paula
31. Jan 1894, Stuttgart–10. Feb 1943, Auschwitz
Ausbildung: Kunstgewerbeschule in Stuttgart, Meisterschülerin von Paul Haustein
Gold- und Silberschmiedin, industrielle Designerin
Straus gehört zu den ersten industrielle Designerin in Deutschland. Während der „Goldenen Zwanziger Jahre“ etabliert sie sich als Gold- und Silberschmiedin in einer Männerdomäne. Sie fertigt nicht nur einzelne Luxusartikel, sondern entwirft auch serielle Silberwaren für die Industrie bei namhaften Firmen. Trotz der sich verschärfenden antijüdischen Gesetze der Nazis arbeitet sie als Goldschmiedin weiter. Ihr Versuch, in die Niederlande zu emigrieren, scheitert. Sie versteckt ihre Arbeiten bei nichtjüdischen Bekannten. 1942 wird sie nach Theresienstadt deportiert und später im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
Szalit, Rahel
2. Jul 1888, Telz (heute Telšiai, Litauen)–ca. 22. Aug 1942, Auschwitz
geb. Rahel Markus
verh. Rahel Szalit
Ausbildung: Kunstakademie München
Illustratorin, Grafikerin, Malerin
Szalit bezeichnet sich selbst als jüdische Künstlerin und fühlt sich den osteuropäischen Jüd*innen und den kleinen jüdischen Dörfern in Litauen, wo sie ihre Kindheit verbrachte, eng verbunden. Ihre folkloristischen jüdischen Motive in jiddischer Literatur bedienen sich des Grotesken, bleiben aber liebevolle Darstellungen einer Insiderin der Gemeinde. Szalit spricht mehrere Sprachen und illustriert auch russische, französische und englische Literatur in deutscher Übersetzung. 1933 flieht sie vor den Nazis nach Paris. 1942 wird sie verhaftet, in das Vernichtungslager Ausschwitz deportiert und ermordet. Ihr Atelier wird geplündert und verwüstet, sodass nur wenige Werke erhalten geblieben sind.
Szkolny, Lilli
5. Jun 1906, München–18. Aug 1942, Riga, Litauen
verh. Lilli Wiener
Illustratorin, Zeichnerin, Fotografin, Autorin
Szkolny erlangt in den 1930er-Jahren als Illustratorin jüdischer Kinderbücher und Nachrichtenblätter eine gewisse Bekanntheit. 1938 bebildert sie das Buch Spatz mach sich von Meta Samson; es kann nicht mehr erscheinen, die Nazis liquidieren den Verlag. Szkolny arbeitet auch als Journalistin und Fotografin. Ihr gelingt die Emigration zu ihrem Bruder nach England nicht. Zusammen mit ihrem Ehemann Franz Wiener wird sie nach der Deportation in Riga ermordet.
Tomalin, Elisabeth
4. Nov 1912, Dresden–8. Mär 2012, London, UK
geb. Elisabeth Wallach
Pseudonym: Suaja
Textildesignerin, Grafikerin, Kunsttherapeutin, Autorin
Ausbildung: Schule Reimann, Berlin
Ausgebildet an der Schule Reimann in Berlin, flüchtet Tomalin 1936 über Paris nach England. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitet sie für das Ministry of Information in London an der Gestaltung von Propaganda- und Informationsplakaten. Bis Ende der 1950er-Jahre leitet sie die Abteilung für Textildesign bei Marks & Spencer. Elisabeth Tomalins Interesse am Jung'schen Denken veranlasst sie in den 1960er-Jahren zu einer Umschulung zur Kunsttherapeutin. In den frühen 1970er-Jahren wird Tomalin nach Deutschland eingeladen, um ihre neuen kunsttherapeutischen Methoden weiterzugeben, und die Versöhnungsarbeit mit der ersten deutschen Nachkriegsgeneration wird zu ihrem Schwerpunkt.
Trietsch, Emma
28. Sep 1876, Königsberg, Ostpreußen–22. Apr 1933, Berlin
geb. Emma Thomaschewsky
Kunsthandwerkerin, Autorin, Zionistin, Sozialistin, Aktivistin
Trietsch ist eine engagierte Frauenrechtlerin, die in Berlin kostenlose Handarbeitskurse für arbeitslose Frauen gibt, in der Hoffnung, ihnen einen Weg in die finanzielle Unabhängigkeit zu eröffnen. Um ihre eigene Familie zu ernähren, verkauft sie Kunsthandwerk an Privatpersonen, Kaufhäuser und Textilunternehmen. Als Zionistin schwebt Trietsch ein zukünftiger „Idealstaat“ im Land Israel vor, in dem die sozialen Bedingungen verbessert werden sollten, doch sie stirbt 1933 in Berlin an den Folgen einer Operation.
Turgel, Pia
20. Apr 1912, Berlin–24 Jan 1988, Berlin
geb. Sophia Turgel
Ausbildung: Schule Reimann, Berlin
Gebrauchsgrafikerin
Wenige Arbeiten, Dokumente, Briefe und Fotografien sind im Nachlass von Pia Turgel erhalten. Beeindruckend ist ein illustriertes Poesiealbum aus ihrer Studienzeit, in das sich ihre Kommilitonen aus der Schule Reimann mit Zeichnungen und Texten eingetragen haben. Sie nimmt das Album mit in die Emigration nach England: Im Londoner Luftschutzkeller entstehen neue Einträge von dort zufällig anwesenden Personen in verschiedenen Sprachen, darunter auch Mandarin und Arabisch. 1954 kehrt sie in ihre Heimatstadt Berlin zurück und lebt dort mit ihrer Lebensgefährtin Anneliese Lichtenberger zusammen. Sie ist Mitglied der Berliner Jüdischen Gemeinde.
Westheim, Jenny
2. Mär 1894, Frankfurt am Main–3. Jun 1934, Frankfurt am Main, Deutschland
geb. Jenny Riwka Jentl Rosenbaum
Kunsthandwerkerin, Unternehmerin, Inhaberin der Kunstgewerbestube J. Westheim
In der orthodoxen Zeitung Der Israelit wird am 12. März 1925 die Eröffnung der Kunstgewerbestube J. Westheim angekündigt: In ihrem eigenen Geschäft in der Schwanenstraße in Frankfurt am Main spezialisiert sich Westheim auf die Fertigung und den Verkauf von jüdischen Ritualgegenständen und jüdischem Lernspielzeug für Kinder. Sie stirbt unerwartet im Alter von 40 Jahren. Ihr liebevoller Nachruf beschreibt sie als „…eine lebendige Synthese von Bildung, Anmut und Kunstsinn, die sich zur alten schlichten Frömmigkeit und all den Tugenden, die dem jüdischen Weibe nachgerühmt werden, fanden.“
Wolff, Käte
30. Mai 1882, Berlin–Sep 1968, New York, USA
geb. Katarina Wolff
nach der Emigration: Kate Wolff-Lalouve, Kate Lalouve
Künstlername: Lalouve
Ausbildung: Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin
Illustratorin, Scherenschnittkünstlerin, Gebrauchsgrafikerin
Wolff unterhält ihr eigenes Designstudio in Berlin-Schöneberg und ist vor allem für ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten im Scherenschnitt und dessen Verwendung bekannt. Sie hat eine große Kundschaft und gestaltet Anzeigen, Firmenschilder, Exlibris sowie Illustrationen zu deutschen Märchen und Kinderbüchern. 1933 flieht Wolff aus Deutschland und geht nach Paris, wo sie unter dem Pseudonym Lalouve (die Wölfin) Bücher für den Verlag Ernest Flammarion illustriert, um ihre Identität zu verbergen. Als Frankreich von den Deutschen besetzt wird, taucht Wolff unter und überlebt. Im Jahr 1946 verlässt sie Frankreich und zieht nach New York.
Wir haben uns nach Kräften bemüht, sämtliche Bildrechte und Rechteinhaber*innen zu ermitteln. Sollte uns dies nicht gelungen sein, bitten wir, sich mit dem Jüdischen Museum Berlin in Verbindung zu setzen.