Zeichnung einer jungen Frau, die in einem Tagebuch blättert. Sie sitzt innen vor einem Fenster

Anna meets Leonie

Ein Kunstprojekt im Rahmen des FSJ Kultur von Anna Justicz

„Freiwillige* können in ihrem Freiwilligendienst ein eigenes Projekt machen. Dafür brauchen sie eine Idee, was sie machen wollen.“

So steht es ganz allgemein in den Richtlinien des Freiwilligendienstes.

Anna Justicz, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr Kultur 2019/20 im Archiv des Jüdischen Museums Berlin absolvierte, hatte nicht nur eine zündende Idee, sondern setzte ihr Projekt sehr kreativ und selbstständig um. Inspiriert von Einträgen aus den Tagebüchern Leonie Olivens, geb. Meyer, entstand so eine beeindruckende Serie von Zeichnungen und Collagen:

Die historische Vorlage

Das vorliegende Projekt unserer 18-jährigen FSJlerin beruht auf der Lebensgeschichte Leonie Olivens, geb. Meyer (1889–1948). Anna beschäftigte sich intensiv mit den sieben Tagebüchern, die Leonie über fast drei Jahrzehnte ihres Lebens hinweg führte: Der erste Eintrag stammt aus dem Jahr 1901, als Leonie zu ihrem 14. Geburtstag in Hannover ihr erstes (noch erhaltenes) Tagebuch geschenkt bekommt, der letzte datiert auf 1928. In der Zwischenzeit passiert in Leonies Leben einiges – unter anderem heiratet sie, zieht nach Berlin und bekommt drei Kinder.

Unübersehbar sind die Schlösser an den Tagebüchern, sie markieren klar die von der Schreiberin gewünschte Privatsphäre. Denn der Text erlaubt außergewöhnliche und teils sehr intime Einblicke in Leonies Leben, Gedanken- und Gefühlswelt, es geht um ihre Freundschaften, das Verliebtsein und ihre Pläne für die Zukunft. Diese sehr persönliche Perspektive ermöglichte es Anna, Zugang zur Lebenswelt Leonies zu finden und begeisterte sie. Ihre künstlerische Auseinandersetzung mit der Biografie Leonies bemüht sich jedoch auch um einen verantwortungsvollen Umgang mit der Privatsphäre Leonies: Die historischen Quellen bilden den Ausgangspunkt, werden jedoch frei interpretiert.

Die Tagebücher Leonies gehören zu zahlreichen Dokumenten und Fotografien, die dem Museum als Schenkung der Familie Oliven übergeben wurden. Für alle, die mehr über Leonie und ihre Tagebücher erfahren wollen, lohnt sich ein Blick auf das Online-Feature „Nein, ich will Dr. O.“ Leonie Meyers Tage­bücher aus den Jahren vor ihrer Ehe­schlie­ßung (1910–1912).

Aus Leonies späteren Lebensjahren sind keine Tagebücher überliefert, dafür aber eine Vielzahl weiterer Dokumente und Fotografien, sodass sich auch ihr weiterer Lebensweg rekonstruieren lässt.

Abgegriffenes, in Leder gebundenes Büchlein. Schräg über den Einband zieht sich der goldene Schriftzug „Tagebuch“, an der rechten Seite ist ein Schloss angebracht

Eines der Tagebücher von Leonie Oliven, geb. Meyer, mit gut sichtbarem Schloss. Der erste Eintrag stammt vom 7. Juli 1910, der letzte vom 11. Januar 1912; Jüdisches Museum Berlin, Inv.-Nr. 2016/145/636, Schenkung von Familie Oliven

Zitierempfehlung:

Jörg Waßmer (2021), Anna meets Leonie. Ein Kunstprojekt im Rahmen des FSJ Kultur von Anna Justicz.
URL: www.jmberlin.de/node/7783

Blick hinter die Kulissen: Anekdoten und spannende Funde bei der Arbeit mit unseren Sammlungen (21)

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