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„Warum ich gerne Muslim bin und wieso Marlon Brando viel damit zu tun hat“

Drei Fragen an Ahmad Milad Karimi

In der Reihe Neue deutsche Geschichten, die seit Januar 2014 in den Akademieprogrammen stattfindet, stellte Ahmad Milad Karimi, Professor für islamische Philosophie und Mystik, am 10. März 2015 in der Akademie des Jüdischen Museums Berlin sein Buch Osama bin Laden schläft bei den Fischen vor.

Vorab – am 9. März 2015 – führte Julia Jürgens ein kurzes Interview mit Ahmad Milad Karimi und stellte ihm die folgenden drei Fragen:

In Ihrer Autobiographie bringen Sie westliche Populärkultur und islamische Geistesgeschichte, die Übersetzung des Koran und eine Doktorarbeit über Hegel sowie eine Vorliebe für Mafia-Filme und die persische Mystik zusammen. Um den Untertitel Ihres Buches als Frage zu formulieren: Was hat Marlon Brando damit zu tun, dass Sie gerne Muslim sind?

Das ist ein Geheimnis des Buches, ein Geheimnis, das vor allem darin verborgen ist, dass Menschen immer mehr sind als die Schubladen, in denen man sie gerne festhalten möchte.

Vor sechs Jahren haben Sie eine Neu-Übersetzung des Korans vorgelegt. Was hat Sie motiviert, sich einer solchen Herausforderung zu stellen und den schon bestehenden Übersetzungen eine weitere hinzuzufügen?

Der Koran ist mehr als nur Buch, es ist die Poesie Gottes. Der Koran ist rhythmisch, melodisch, hat Takt und Klang; jede Atempause ist bewegt und tragend. Die Weise, wie der Koran sich ereignet, indem er einen Resonanzraum schafft, dringt ins Herz. Gott in diesem Akt der Schönheit zu erfahren, macht den Koran aus. Mein Vorhaben den Koran zu übersetzen war von dieser Erfahrung geprägt, den Koran so ins Deutsche zu übertragen, dass dieser Charakter mehr im Mittelpunkt steht.

Sie sind 1992 mit Ihrer Familie vor dem Krieg aus Afghanistan geflüchtet. Gelotst von Schleppern haben Sie eine über ein Jahr dauernde Odyssee mit Stationen in Neu-Delhi und Moskau hinter sich gebracht, bevor Sie das Ziel Deutschland erreichten. Wie sehen Sie angesichts Ihrer Erfahrung die aktuelle Flüchtlings- und Asylpolitik der „Festung Europa“?

Was ist Europa ohne seine Flüchtlinge? Der deutsche Philosoph Walter Benjamin, der sich auf der Flucht vor den Nazis 1940 das Leben nahm, sagte einmal: „Der Begriff des Fortschritts ist in der Idee der Katastrophe zu fundieren. Dass es ‚so weiter‘ geht, ist die Katastrophe.“ Katastrophal ist die Haltung zu den Menschen, die auf der Flucht sind. Menschen, die nach Menschlichkeit trachten, aber diese kaum erfahren. „Duldung“, „Ablehnung“ und „Abschiebung“ sind Urteile, die Menschen betreffen. Aber die Menschen werden verortet, wie Dinge behandelt, die Geld kosten und lästig sind. Menschenrechtskonforme Flüchtlingspolitik fordert hingegen eine solidarische und allen voran umfassende Politik. Legale Einwanderungsprogramme müssten an erster Stelle stehen. Europa wird an seinem eigenen demokratischen Maßstab scheitern, wenn die Asylpolitik nicht Menschen im Blick hat, sondern die ökonomischen Interessen des jeweiligen Landes.

Das Interview führte Julia Jürgens (Akademieprogramm zu Migration und Diversität).

Zitierempfehlung:

Julia Jürgens (2015), „Warum ich gerne Muslim bin und wieso Marlon Brando viel damit zu tun hat“. Drei Fragen an Ahmad Milad Karimi.
URL: www.jmberlin.de/node/6351

Interviewreihe: Neue deutsche Geschichten (12)

  • Neue deutsche Geschichten

    Im Rahmen der Reihe Neue deutsche Geschichten luden unsere Kolleg*innen vom Akademieprogramm zu Migration und Diversität von 2014 bis 2017 regelmäßig Gesprächspartner*innen ins Jüdische Museum ein, um mit ihnen anhand ihrer Biografien Geschichte und Gegenwart Deutschlands als Migrationsgesellschaft zu thematisieren. Fast immer entstanden im Vorfeld dieser Veranstaltungen Interviews, die wir hier für Sie zusammengestellt haben.

  • Karamba Diaby sitzt auf einer Treppe, er trägt einen blauen Anzug mit rotkarierter Krawatte

    Karamba Diaby

    „Diese Repräsentationskluft sollten wir schließen“

    Interview
    26. Mai 2017

  • Portät einer älteren Dame mit Dutt

    Anita Awosusi

    Über ihr Buch Vater unser – Eine Sintifamilie erzählt

    Interview
    6. Feb 2017

  • Schwarz-Weiß-Porträt eines jungen Mannes mit Brille im Halbprofil

    Ármin Langer

    „Von der Langeweile des friedlichen Zusammenlebens“

    Interview
    18. Okt 2016

  • Porträt einer Frau mit Brille, die lächelt und direkt in die Kamera schaut

    Marion Kraft

    „Der Anteil, den Schwarze Soldaten an der Befreiung Deutschlands vom Faschismus hatten, droht in Vergessenheit zu geraten”

    Livestream
    6. Jul 2016

  • Porträt einer jungen Frau, die lächelt

    Çiçek Bacık

    „Bisher wurde immer über uns gesprochen und geschrieben“

    Interview
    13. Okt 2015

  • Porträt einer Frau mit blauem Kopftuch, Lippenstift und Lidschatten, die nach oben links schaut.

    Fereshta Ludin

    „Ich wünsche mir, dass man mir mehr in die Augen schaut als auf das Tuch“

    Interview
    16. Sep 2015

  • Schwarz-weiß-Porträt eines Mannes.

    David Ranan

    „Anders, aber nicht fremd“

    Interview
    6. Jul 2015

  • Ausschnitt aus einem Buchcover: Es zeigt einen in Zeitung gewickelten Fisch, von dem man Kopf und Schwanzflosse sieht.

    Ahmad Milad Karimi

    „Warum ich gerne Muslim bin und wieso Marlon Brando viel damit zu tun hat“

    Interview
    9. Mär 2015

  • Porträt einer Frau mit Brille, die lächelt und direkt in die Kamera schaut

    Alina Gromova

    Generation „koscher light“. Junge russischsprachige Jüdinnen*Juden in Berlin

    Interview
    8. Sep 2014

  • Eine ältere Frau mit Brille und Kopftuch (links im Bild) spricht mit einer jüngeren Frau, die ebenfalls eine Brille trägt und am rechten Bildrand steht.

    Canan Turan

    Kıymet oder: Eine filmische Hommage an meine Großmutter

    Interview
    4. Jul 2014

  • Auf dem Cover ist ein Foto von drei spielenden Kindern zu sehen

    Urmila Goel und Nisa Punnamparambil-Wolf

    InderKinder. Über den kreativen Umgang mit Zuschreibungen

    Interview
    19. Mär 2014

  • Drei Frauen im Profil an einem Tisch, die lächelnd Bücher signieren

    Alice Bota, Khuê Pham und Özlem Topçu

    „Neue deutsche Geschichten“

    Interview
    29. Jan 2014

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