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Kontingent­flücht­linge/russisch­sprachige Ein­wan­der*innen

Von 1991 bis 2005 konnten Jüdinnen*Juden und deren Angehörige bzw. Menschen mit jüdischen Vorfahr*innen aus der Sowjetunion und deren Nachfolgestaaten als sogenannte Kontingentflüchtlinge nach Deutschland übersiedeln.

Diese Einwanderung russischsprachiger Jüdinnen*Juden aus der ehemaligen Sowjetunion bedeutete eine gewaltige Zäsur in der Geschichte jüdischen Lebens in Deutschland nach 1945. Jüdisch zu sein galt in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion als Nationalität, nicht als Religion. Allen Sowjetbürger*innen war die Ausübung ihrer Religion untersagt, weshalb das religiöse Judentum den meisten russischsprachigen Jüdinnen*Juden, die in der Sowjetunion geboren waren, fremd und unbekannt war.

So kamen die Einwander*innen mit dem Eintrag „Jewrej“ im Pass und mit ihrer sowjetischen Version des Judentums im Gepäck nach Deutschland. Damit haben sie die jüdische Gemeinschaft in Deutschland seit den 1990er-Jahren verändert und bereichert: Die Gemeinden erfuhren einen starken Zuwachs, standen aber auch vor großen Herausforderungen.

Das Verhältnis zwischen Alteingesessenen und Neuankömmlingen war nicht ohne Spannung. Beispielweise wurde die Nationalität „Jewrej“ in der Sowjetunion vom Vater auf die Kinder vererbt – anders als nach dem jüdischen Religionsgesetz, wonach die mütterliche Linie für die Weitergabe des Judentums zuständig ist. Die Kinder vieler eingewanderter Familien sind sogenannte „Vaterjuden“. Dies führt zu Konflikten mit den Jüdischen Gemeinden, die sich an das Religionsgesetz halten.

Hände halten ein Buch mit russischer und hebräischer Schrift darauf

Dieses sehr alte hebräisch-russische Wörterbuch brachte Anatol Benjamin Schapiro mit, um für das Projekt Objekttage seine Migrationsgeschichte zu erzählen (mehr erfahren); Jüdisches Museum Berlin, Foto: Stephan Pramme.

Alina Gromova berichtet in diesem Video zur Ausstellung A wie jüdisch u. a. über unterschiedliche erinnerungskulturelle Perspektiven bei alteingesessenen bzw. aus der ehemaligen Sowjetunion zugewanderten Jüdinnen*Juden in Deutschland; Jüdisches Museum Berlin 2020.

Heute sind diejenigen, die als Kinder oder Jugendliche nach Deutschland gekommen oder hier geboren sind, selbstverständlicher Teil der Gesellschaft, akademisch gebildet und politisch sowie kulturell engagiert. Vor allem im Bereich der Literatur ist eine Produktivität vor allem jüngerer Autor*innen festzustellen, die unter anderem ihre eigenen Migrationsgeschichten literarisch verarbeiten und damit die innere Vielstimmigkeit dieser Gruppe verdeutlichen.

Im Gegensatz zu den Spätaussiedler*innen aus der ehemaligen Sowjetunion erhielten Kontingentflüchtlinge nicht automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, konnten diese aber nach bestimmten Fristen beantragen. Sie hatten Anspruch auf eine Arbeitserlaubnis, Sozialleistungen und Integrationshilfen, wie einen kostenlosen Sprachkurs und die Unterstützung bei der Wohnungssuche.

Mit dem Zuwanderungsgesetz vom 1. Januar 2005 verlor das Kontingentflüchtlingsgesetz seine Gültigkeit. 2007 wurde die weitere Aufnahme jüdischer Einwander*innen aus der ehemaligen Sowjetunion beschlossen, nun jedoch mit strengeren Auflagen.

Hände halten das Foto eines Mannes, der eine mit vielen Bändern und Medaillen geschmückte Uniform trägt.

„Man nennt mich einen ,Helden der Sowjetunion‘.“ Der 1991 nach Deutschland eingewanderte Lev Agranovich besitzt 28 Orden und Medaillen (mehr erfahren); Jüdisches Museum Berlin, Foto: Stephan Pramme.

Ein Zirkelkasten, eine Kinderzeichnung, eine koschere Pfanne – was erzählen uns diese Ausstellungsobjekte über die Migrationserfahrungen von Jüdinnen und Juden, die aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland kamen? Theresia Ziehe, Kuratorin für die neue Dauerausstellung des Jüdischen Museums Berlin, erzählt von sehnsuchtsvollen Blicken zurück und der Verbundenheit mit religiösen Traditionen innerhalb der Familie; Jüdisches Museum Berlin 2020. Weitere Videos aus der Reihe Our Stories

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